Gorran nahm das Papier, runzelte die Stirn und steckte es wortlos ein. »Ich halte meine Ohren offen. Und meine Klingen bereit.« Ylva hob ihren Krug. »Dann trinken wir auf saubere Pläne, schmutzige Gegner – und dass keiner von uns demnächst aus Versehen einen Spitzhammer im Rücken hat.« Brimor hob sein Glas. »Und darauf, dass die Feuerkralle noch lange der lauteste Ort für leise Pläne bleibt.«
Die drei stießen an. Im Hintergrund sang jemand schief ein Trinklied, während in einer dunklen Ecke ein Unbekannter mit kupfernem Wappen über der Brust ganz genau hinsah.
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Brimor hatte schon spannendere Nachmittage erlebt – zum Beispiel jenen, als ihm ein betrunkener Troll ein Liebesgedicht vorgetragen und danach seine Stiefel gefressen hatte. Trotzdem saß er jetzt auf einer quietschenden Kiste, eingekeilt zwischen zwei Säcken Zwergenkartoffeln, und starrte mit unverhohlener Neugier auf das neue Aushängeschild im Viertel: Kupferfaust – Handelskontor für feinste Waren & ehrliche Geschäfte.
»Ehrlich«, murmelte Brimor, während er sich die Kapuze tiefer ins Gesicht zog, »wie ein Goblin bei der Steuererklärung.«
Der Laden sah aus wie aus dem Schürfstaub gezaubert: Wände aus poliertem Kupferstein, zwei muskulöse Türsteher mit breiten Gürteln und noch breiteren Schultern, und überall dieses übertrieben glitzernde Lächeln der Angestellten, die einen mit »Werte Kundschaft« begrüßten, selbst wenn man aussah, als käme man gerade aus der Kanalisation.
Brimor nippte an einem Becher lauwarmen Zwergenkaffees, den er sich von einem Straßenstand organisiert hatte, und versuchte möglichst unauffällig auszusehen – was bei einem stämmigen, bärtigen Zwerg mit neugierigen Augen nicht ganz einfach war. Zum Glück hatte er sich hinter einem leeren Karren postiert, der offenbar seit Jahren nicht bewegt worden war.
Dann kam Bewegung in die Sache. Zwei Händler verließen das Gebäude, sprachen leise, blickten sich dabei immer wieder um. Einer von ihnen – ein hagerer Typ mit einem gezwirbelten Schnauzbart – schien nervös. Der andere, rundlich mit einem kupfernen Ohrring, schob ihm ein kleines Päckchen in die Hand.
»Die nächste Lieferung kommt durch die Schattenader«, hörte Brimor, als sich die beiden in seine Richtung bewegten. »Du weißt, wo der Zugang ist, ja? Im alten Brunnenschacht unter dem dritten Lagerhaus. Keine Fragen, keine Umwege.«
»Und der Zoll?«, fragte der Schnauzbart nervös. »Geregelt. Ein paar Münzen an die richtigen Hände, und du wirst behandelt wie ein Großkunde. Glaub mir, mit Kupfer kann man alles schmieren.«
Brimor ließ seinen Becher sinken und schürzte die Lippen. Schattenader. Brunnenschacht. Schmuggel. Das Ganze roch so eindeutig nach Ärger, dass selbst ein nasenblinder Steinmaul-Troll Verdacht geschöpft hätte.
© Kreative-Schreibwelt 2025-07-04