Das Lied der See: 6 – Magie

Amelie Lea Beck

von Amelie Lea Beck

Story

Ich hole tief Luft. Im Meer fühle ich mich auf eine eigene Weise frei.

“Guten Abend, Schönheit.”, begrüßt mich Barhis Stimme in meinem Kopf.

“Guten Abend, mein Herr.“, antworte ich unterwürfig, wie ich es gelernt habe. Ich neige den Kopf. Eine Hand berührt meinen Arm. Seine Berührung kribbelt auf meiner Haut. Ich hebe den Blick. Noch nie war mir ein Mann so nah. Ausgerechnet heute bin ich beinahe nackt. Ich lächle ihn an.

“Kein Grund schüchtern zu sein, meine Liebe. Wir Wasserwesen sind nackte Haut gewohnt. Ich würde dir gerne etwas zeigen. Dafür musst du so werden wie ich.“, versucht er mich zu beruhigen. Ich lächle ihn an. Noch immer ruht seine Hand auf meinem Arm. Das Mondlicht erleutet sein Gesicht. Seine Züge sind heute weicher, als würde die Nacht ihn sanft machen. Er lächelt so freundlich, dass ich ihm einfach vertrauen muss. Ich nicke, bevor mir mein Verstand einen Strich durch die Rechnung machen kann.

“Wie verwandle ich mich?”, will ich zurückhaltend wissen.

“Um ehrlich zu sein, einer Person wie dir bin ich nie begegenet. Ein Landwandler, der im Wasser leben kann. Ich dachte nicht, dass das möglich sei.” Seine Stimme ist bedauernd. Er scheint ehrlich nicht zu wissen, wieso ich mich verändern kann. “Wie hast du dich letztes Mal verwandelt?”Ich zucke mit den Schultern. Eine Geste, die er offensichtlich versteht. Wie beim letzten Mal lasse ich mich tief ins Meer sinken, bis mein Gesäß den Boden berührt. Meine Gedanken stellen sich die Hautlappen in meiner Brust vor. Ich spüre genau, wie sich mein Körper verändert. Beim nächsten Atemzug fließt das Wasser durch meine Lunge und verlässt mich durch die Hautschlitze wieder. Erneut atme ich ein. Dieses Mal sehe ich den schuppigen Schwanz von Barhi vor mir. Doch in ändere seine Farbe in ein glitzerndes Rot. Meine Beine ziehen sich eng zusammen. Mit weit aufgerissenen Augen beobachte ich wie meine Haut, von der Hüfte abwärts, mit rötlichen Plättchen bedeckt wird. Nach wenigen Augenblicken ist sind meine Beine verschwunden. Am Ende des Schwanzes wächst eine breite Flosse. Sie schwebt leicht im Wasser. Die Flosse ist zwar beinahe durchsichtig, jedoch schimmtert auch sie rot. Ein breites Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Fröhlich schwimme ich an die Luft. Mit einem überraschend geschickten Sprung verlasse ich das Wasser. Ich fliege durch die Luft, stelle meinen neuen Körper zur Schau.

“Komm!”, rufe ich nach Barhi, dieses Mal laut, nicht nur in meinen Gedanken. Er blickt mich verblüfft an. Wie erstarrt bleibt er auf der Stelle schwimmen. Einige Sekunden später taucht er unter. Doch er bewegt sich nicht fort. Auferegt drehe ich meine Kreise um den jungen Meermann. Ein helles Lachen entfährt mir. Plötzlich packt mich Barhi am Arm. Er zieht mich sanft in seine Arme.“Du bist die Schönste aller Meerfrauen.” Ein breites Grinsen erhellt sein Gesicht. Wie selbstverständlich schmiege ich mich an seinen starken Körper. Ich genieße seine Berührung – seine nackte Haut auf der meinen.

© Amelie Lea Beck 2022-03-25

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