Goldjunge

Talica Hoepfner

von Talica Hoepfner

Story

„Tief in meinem Herzen habe ich dieses ewige Licht strahlend wie die Sonne, die auf alles nieder scheint. Und je mehr ich gebe, desto mehr erhalte ich zurück.“

Diese Lebensweisheit verinnerlichte ich zu einer Zeit, wo ich lernte den Menschen zu begegnen und mich den Ereignissen, die mir auf meinen Weg kamen, zu öffnen.

Ich wagte mich aus meinem Kopf in meinen vibrierenden Körper, während ich mich auf Festivals intuitiv zu sphärischem GOA und aufheizendem Techno bewegte.

Auf einem Festival Gelände befand sich ein See. Eine Freundin und ich hatten nahe des Wassers unser Zelt aufgeschlagen. Nach drei Tagen lag es zerpflückt an einer entfernten Stelle im Gras.

Doch ich liess mich nicht unterkriegen und hüpfte Neues aufsaugend über das weitläufige Terrain.

Einige neu gewonnene Freunde und ich hatten eine Lichtung im Wald geschaffen, indem wir zuvor in höchster Motivation etliche widerspenstige Brombeersträucher entfernten. Diesen Ort bereiteten wir zum schlichten Sein und zum Austausch von Fähigkeiten und Geschichten.

Ich verbrachte die darauffolgende Nacht am zentralen, knisternden Feuer, eingemummelt in eine Wolldecke. Irgendwann im Halbschlaf kuschelte sich Jemand von hinten an mich, ich ging von einer Freundin aus. Als ich am nächsten Morgen erwachte, mich auf dem waldigen Boden räkelte und dabei umdrehte, schaute ich in ein unbekanntes leuchtendes Gesicht. Intuitiv küssten wir uns, wohlige Freude breitet sich in mir aus. Danach sahen wir uns nur noch flüchtig.

Ich verbrachte noch ein paar Tage an diesem wundersamen aufregenden Ort mit seiner lauten allgegenwärtigen Techno Musik.

Einmal, als ich einem weiß gekleideten Mann übers Barfußlaufen lauschte, setzte sich ein gelockter Junge in Clownshose neben mich.

Kurze Zeit später stand er wieder auf und ich fragte ihn frei heraus, ob er mich etwas begleiten wolle. Während wir beide ein wenig halbherzig tanzten, tauchte sein älterer von Trübsinn geplagter Bruder auf. Wir Drei wanderten bedächtig den flachen Hügel auf ein Strohballen Feld hinaus um der ständigen Beschallung ein Stück weit zu entkommen.

Diese Nacht verbrachte ich in einem gelben Twingo. Ich wachte mit der aufgehenden Sonne auf und drehte mich meinem Begleiter zu. Seine Lippen waren die weichsten, die ich bislang lernen durfte.

Es stellte sich heraus, dass er zur ‚Goldeimer’ Crew gehörte, welche die Komposttoiletten auf dem Gelände leerte und reinigte. Dann sahen wir uns einen ganzen Tag nicht wieder und ich irrte aufgewühlt umher.

Wir fanden uns, mir wurde leicht ums Herz und verabschiedeten uns, da ich sogleich per Anhalter zum Klimacamp fuhr. Dort vermisste ich ihn 4 Tage lang.

Woraufhin ich wieder meinen Weg gen Norden anbrach und eine Weile vor der nächsten Stadt abgesetzt wurde. Der Junge holte mich ab.

© Talica Hoepfner 2021-11-02

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