Ich sag‘ das viel zu selten

MISERANDVS

von MISERANDVS

Story

Einen Augenblick lang bleibe ich noch stehen, lasse meinen Blick wandern. Und ich lächle. “Ich sage dir das viel zu selten…”, setze ich leise an, und meine warme Stimme klingt unglaublich sanft: “… ich hab dich lieb, weißt du?” Ich halte kurz inne, denn für mich als Kerl ist es immer ein wenig ungewohnt, meinen Gefühlen, meinen tiefen Gefühlen, Ausdruck zu verleihen. Emotionen zu zeigen, sie in Worte zu fassen, braucht immer einen kleinen Anlauf. Vor allem, über die großen Emotionen zu sprechen, fällt uns Männern nicht wirklich leicht. Wohl darum machen wir kaum Aufhebens darum.

Ich schaue mit verliebt glänzenden Augen hin. “Wie die Sonne auf dich fällt, wie sie dich in ihr Licht hüllt, wie sie dich mit ihren Strahlen streichelt! Wie sie auf dich ein Spiel aus Licht und Schatten malt und ich mich so gerne daran ergötze!”, sage ich staunend und genieße blickschwebend. “Ja, ich denke, ich sage es dir viel zu selten, dass du…”, ich blicke mich um, denn mein Geständnis ist nicht für Hinz und Kunz gedacht: “… dass du tatsächlich meine ganz große Liebe bist.” Mit sanften Fingerspitzen streiche ich die perfekten Konturen entlang, und ich flüstere irgendwann: “Einfach perfekt!”

“Ja, natürlich gab es andere vor dir. Gott! Ich bin kein Kind von Traurigkeit. Und wozu leugnen? Sie alle hatten ihren Charme. Manche Beziehung begann als wilder Kampf, manche war schon im ersten Moment Herzschweben. Und wenn sich unsere Wege trennten, war ich immer traurig. Ja, ich habe vor dir auch geliebt. Doch du, … du bist ohne Zweifel meine ewige, meine schönste Liebe.”

Ein Tropfen fällt aus blauem Himmel, landet frech auf dem Makellosen. Ich wische ihn weg. “Ich freu mich auf den Frühling … mit dir. Wenn der warme Regen auf dich fällt. Wenn wir gemeinsam der Melodie der Tropfen lauschen, und ich die Augen schließe, wenn ich einfach nur genieße, wenn ich dir flüsternd sage: ‘Wie schön, dass es dich gibt. Und welch ein Glück, dass ich dich unter allen gefunden habe.’ „

“Welcher Kerl wollte nicht ob deiner Proportionen den Sinn verlieren? Welch einer will nicht schmachtend, gierig seine Pfoten an dich legen? Ich kann sie nicht verurteilen! Denn du bist Sünde, du bist Verführung. Welcher Mann will sich dir nicht sinnergeben? Wie schön, dass nur ich, nur ich alleine, dich berühren darf. Welch eine Gnade! Welch ein Geschenk!”

“Der kleine Makel meinst du?”, und ich streiche mit dem Finger über die winzige Stelle, die kaum ein Blick erfassen kann. “Der kleine Makel.”, sage ich betört: “Er macht dich einzigartig und besonders. Wie ich ihn liebe. Blind erkannte ich dich daran unter tausend.”

Ich seufze tief, denn es ist Zeit zu gehen. “Bis morgen!”, flüst’re ich. Die Trennung fällt mir immer schwer. Ein letztes Streicheln, nur ein letztes Mal berühren. Ich lächle, und ich flüst’re voll Erwartung: “Du fehlst mir jetzt schon.”, und: “Wie schön du bist!“

Dann drücke ich den Knopf. Die Blinker leuchten zweimal auf. Ich liebe meinen Bayern. Ich sag’s ihm leider viel zu selten.

© MISERANDVS 2022-01-21

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