von MarinaBarthez
Ich verliere mich in deinen Augen. Dabei sind sie nicht blau wie der Ozean, tief und verlockend, um sich darin zu verlieren, sondern braun. Keine Farbe, die jemals verwendet wird, um in der literarischen Sprache Augen zu beschreiben, in denen eine sich verlieren könnte. Dein Gesicht mit Sommersprossen übersät, so zumindest stelle ich es mir bei Tageslicht vor, doch war es drei Uhr nachts. Das Licht war gedämmt und viel sehen konnte ich nicht. Also vielleicht waren sie doch auch blau, die Augen, wer weiß, aber darum ging es hier nicht. Die Musik war laut und während du tanzt, stehe ich mit meinem Drink – einem billigen Wodka Energie – an der Bar und denke mir, dass ich mir diese üble Mische auch zu Hause für zweifünfzig hätte machen können. Nun gut, du tanzt, ich trinke. Du bist in deiner Welt, merkst nicht, dass auch ich es bin. Ich bin fasziniert von deinen blau-braunen Augen und will deine Sommersprossen im Licht tanzen sehen. Doch bin ich schüchtern, zu schüchtern um die drei Schritte zu gehen die es benötigen würde, um in den Radius deiner Aufmerksamkeit zu gelangen.
Meine Füße kleben am klebrigen Kellerboden der Kult-Kneipe fest. Dein Blick schwenkt in meine Richtung. Wen siehst du, wenn du mich anschaust? Habe auch ich braune Augen in denen eine sich verlieren könnte. Ich habe keine Sommersprossen, dafür Lachfalten um die Augen und lockige Haare. Du grinst mich an. Nicht auffällig, doch auffällig genug, um es deuten zu können. Du gefällst mir. Ich stelle mir vor wie es wäre mit dir zu tanzen. Deine Hand in meiner zu spüren. Dich zu küssen. Meine Finger in deinen langen Haaren zu vergraben und meinen Körper an dem deinen zu drücken. Ich grinse zurück. Hoffe ich strahle Selbstbewusstsein aus. Innerlich fühle ich mich wie eine mickrige Orchidee, die eine zu lange nicht gegossen hatte. Komischer Vergleich, doch sah ich die traurigen Pflanzen auf meiner Fensterbank, die meinem Selbstwert sehr nahe kamen. Ich gehe näher auf die Tanzfläche zu. Ich hasse Tanzen. Warum war ich überhaupt in dieser Bar, voller Menschen, die genau dies taten.
Du kommst auf mich zu. Mein Herz beginnt zu rasen. Deine braunen Augen bohren sich in die meine. Ich will nach deiner Hand greifen, doch ich stehe da und kann mich nicht bewegen. Steif wie ein Holzpfahl. Ich führe mein Glas an die Lippen. Den süßen Geschmack schmecke ich noch lange. Du musst bemerkt haben, dass meine Arme und Beine nicht das tun, was sie sollen, so nimmst du meine Hand und ziehst mich zu dir. Sie ist weich und klebrig. Vom Schweiß und den billigen Drinks in dieser bodenlosen Bar.
Und ich tanze. Ich hoffe du hörst meinen Herzschlag nicht. Wie auch, der Bass ist so laut, dass ich nicht einmal die Worte verstehe, die du von dir gibst. Ich will dich küssen. Doch ich glaube, dass ich erst einmal mein Posttraumatisches-Tanzsyndrom (oder war es Posttanzmatisches Traumsyndrom?) überkommen muss, bevor ich dies wagen kann. Ein andermal vielleicht, denke ich mir und grinse.
© MarinaBarthez 2022-08-21