von Alou
Ich fühle mich schwer. Seit einigen Tagen schon komme ich kaum noch aus dem Bett. Nichts ergibt mehr einen Sinn für mich. Ich will das alles nicht mehr. Ich würde mir so gerne eine Pause erlauben, aber die Welt lastet auf meinen Schultern und alles zieht an mir. Alle schauen auf mich.
Ich bin ein Fels geworden, um mich vor mir selbst zu schützen und um andere zu stützen.
Ich bin der Fels in der Brandung. Ich bin meine eigene Festung. Bereit den Sturm abzuwenden. Bereit die Wellen zu brechen. Bereit alles zu riskieren. Felsen sind hart im Nehmen. Felsen brechen nicht. Sie zerbröseln. Langsam. Jahrelang.
Es ist ein schleichender Prozess, wenn ein Felsen sich zersetzt.
Er ist Wind und Wetter ausgeliefert und erträgt unbeweglich sein Schicksal. Sein Verschwinden fällt noch nicht einmal auf. Irgendwann ist er einfach nicht mehr da. Der Fels ist implodiert, er ist in sich zusammengefallen, zersplittert in tausende kleine Sandkörner.
Meine Festung ist zerstört. Ich nicht. Ich knie weinend auf dem Sand. Ich nehme die feinen Körnchen mit den Händen auf und beobachte, wie sie durch meine Finger rieseln. Alles rieselt durch meine Finger. Ich kann nichts mehr greifen. Ich kann nichts mehr halten.
Ich bin haltlos.
Dunkelheit legt sich über den Strand. Der Wind wird stärker. Er scheint von allen Seiten zu kommen und wirbelt die Sandkörner durcheinander. Es fühlt sich an, als würden tausend Nadelstiche in meine nackte Haut stechen. Ich kann kaum noch etwas sehen, ich habe Sand in meinen Augen und um mich herum wird es immer dunkler. Das Meer bäumt sich auf. Die Wellen schlagen höher. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin verloren. Allein. Ausgeliefert. Der Boden scheint zu beben oder ist es mein Körper, der zittert? Vor Angst? Ich mache mich so klein ich kann und bete zu Gott, dass es aufhört. Gott soll machen, dass es aufhört!
Der Sturm ist unbeeindruckt von meinen Stoßgebeten. Es ist als würde er mich auslachen.
Ich fühle mich wertlos. Vielleicht bin ich es nicht wert, dass jemand mir hilft. Niemand hört meine Rufe. Niemand hört mein Flehen. Niemand würde etwas merken, wenn der Sandsturm mich jetzt davontrüge.
Ich würde einfach verschwinden und es wäre, als hätte es mich nie gegeben.
© Alou 2023-08-28