von CARPEDIEM
Marrakesch, Flughafen. Die beiden jungen Holländerinnen scheinen mit dem Sturmlauf der Taxifahrer leicht überfordert. Ich biete meine Hilfe an die sie dankbar annehmen. Zu dritt sitzen wir schlussendlich in einem verbeulten Dacia Richtung Stadt und ich bezahle siebzig Dirham statt der bei den beiden verlangten Dreihundert.
Ab jetzt reise ich gemeinsam mit eineinhalb Lesben. Eineinhalb deshalb, weil eine der beiden bisexuell ist! Allerdings nützen mir die 0,5 Hetero-Anteile herzlich wenig da die 1,0 eifersüchtig über ihre Begleitung wacht.
In einem Bergdorf des Hohen Atlas gibt es mangels Hotels nur ein breites Doppelbett in einer Pension für uns drei. Um gar keine Handgreiflichkeiten aufkommen zu lassen legt sich die 1,0 demonstrativ in die Mitte zwischen mir und der 0,5. Die nächstmorgendlichen Vorwürfe der 1,0 lauten, ich hätte sie schlafenderweise berührt! Auf mein Vorhalten warum sie mich nicht geweckt und sofort zur Rede gestellt hat weiß sie natürlich keine Antwort. Und ich stelle nicht die passende Frage dazu.
Beim Frühstück dann aber die mehr als überraschende Frage der 1,0
How does your favorite sex look like?
Ich schildere was ich alles tun würde wenn ich es tun würde (eine ziemliche Anhäufung von Konjunktiven also). Fünf Seidenschals spielen in meiner blumigen Beschreibung ebenso eine zentrale Rolle wie unendlich viel Zeit. Die 0,5 hat dabei leicht glänzende Augen.
Vierzehn Tage später, wieder zu Hause. Die 0,5 ruft an.
Frankfurt is right in the middle between Amsterdam and Salzburg!
is it?
yes
yes….???
will we meet there?
yes
tonight?
yes
do you bring the scarfs?
yes
five!
yes
Eine Stunde später dröhnt überlaut Leonhard Cohen mit „I want it darker“ aus dem Lautsprecher, während ich mit einhundertachtzig auf der Autobahn Richtung Frankfurt fliege.
© CARPEDIEM 2020-04-12