Am 27.6.98 fuhren wir von Zwickau (Z) nach Aue (ASZ) und stiegen am Postplatz in den Bus nach Schneeberg. Vati wollte schon lange das Museum für bergmännische Volkskunst sehen. Ich war, wie schon berichtet, 1994 mit Gästen und Mitgliedern des Stenografenvereins Aue dort. Wir hatten nicht viel Zeit. Manche Leute bringen auch wenig Geduld mit. Wir besichtigten 1998 in aller Ruhe die Heimat- und mechanischen Weihnachtsberge. Sie sind sehr schön. Bei den meisten schließt sich durch Knopfdruck ein Stromkreis, das Licht geht an, die Bewegungen setzen ein. Wir schauten, was sich tut. In fünf Minuten durchrennen ist uns unmöglich. U. a. sind der Neustädtler Heimatberg, der Orientalische Schneeberger Weihnachtsberg, historische erzgebirgische Pyramiden, Pyramiden- und Leuchterspinnen (Deckengehänge) und geschnitzte Bergleute ausgestellt. Wir waren eine Weile die einzigen Besucher, was seit der Wende häufig vorkommt, auch in Bussen, Bahnen und Restaurants. In einer Gaststätte gleich um die Ecke aßen wir Lendenbraten. Wir liefen über den Markt mit dem architektonisch ungewöhnlichen Rathaus mit einem ziemlich hohen Turm. Außerdem besahen wir die St. Wolfgangskirche von außen und warfen einen kurzen Blick hinein. Es war gerade eine Taufe, wir wollten nicht stören und zogen uns leise zurück. Fast alle Geschäfte, die Schnitzereien, gedrechselte Figuren, Klöppel- und Spitzendeckchen sowie -läufer und sonstige Volkskunst anbieten, waren am Samstagnachmittag schon geschlossen. Es gab davon viele im Zentrum der Stadt. Schließlich hatten wir zu tun, nach Aue zu kommen. Die Station wurde wegen Bauarbeiten verlegt. Bei Erreichen der Ersatzhaltestelle konnten wir den Busfahrer nur durch heftiges Klopfen an die Scheibe zum Anhalten bewegen. Er knurrte in seinen Bart, es wäre lange bekannt, dass die Busse anders fahren. An Ortsunkundige dachte er sicher nicht. In Aue angekommen, überquerten wir die Straße an der Fußgängerampel. Über die Kreuzung fuhr ein Auto ohne erkennbaren Grund mit quietschenden, durchdrehenden Reifen – Kavaliersstart. Wir liefen zum Geschäft unter dem Torbogen, wo im Schaufenster Pyramiden und Schnitzereien ausgestellt waren.
Im Freiluftlokal Bildhaus im Werdau-Greizer-Wald tranken wir anderntags je eine am Kiosk gekaufte Flasche Apfelschorle. Es war heiß. Wir hatten eine große Flasche Tee von zu Hause mitgenommen und befürchtet, dass er nicht die ganze Strecke reicht, da wir daheim Matjesbrötchen verzehrten. Vati hörte eine bekannte Stimme. Eine ehemalige Nachbarin kam mit Verwandten aus dem Gasthaus, auch als „Weidmannsruh“ bekannt. Man unterhielt sich angeregt. Ich war später noch mehrfach mit Bekannten in diesem Lokal.
Zu Beginn meiner ersten Urlaubswoche am 29.6.98 wartete ich vergeblich auf die Montage des neuen Energiezählers für den Badheizkörper und konnte mich nicht aus dem Haus wagen. Der Handwerker sollte zwischen 14 und 16 Uhr kommen. Ich legte mich auf die Lauer, sah aus dem Fenster – nichts. 18 Uhr kam ein Bekannter von mir. Er wollte mich auf dem Waldparkplatz Langenbernsdorf mal ans Steuer seines Wagens lassen. Mein neues Auto sollte bald kommen. Ich war lange nicht gefahren und habe sogar noch mal eine Fahrstunde bei meinem Fahrlehrer genommen.
© Annemarie Baumgarten 2024-08-01