by Lia KiGo
“Der spezielle Charakter der Kunstakademie in München wird vor allem von den 23 exzellent ausgerüsteten Studienwerkstätten beeinflusst. Diese werden wie die Meisterklassen – und in diesem Fall übertreibe ich keinesfallls – von den bestqualifizierten Künstler:innen geführt. Zusätzlich zu den traditionellen Arbeits-, Druck- und Gestaltungstechniken ist es möglich, neue und innovative Materialien auszuprobieren und diese bis ins kleinste Detail zu testen. Vor Kurzem wurde die bereits hochkarätige Ausstattung durch die Etablierung einer neuen digitalen Werkstatt aufgewertet. Die Fusion von hoher und angewandter Kunst ist heutzutage gelebte Realität.”
“Bevor ich das Wort an den Vorsitzenden des Akademievereins Herrn Dr. Jassner weitergebe, möchte ich mich für Ihr zahlreiches Erscheinen bedanken und eine Bitte äußern. Denken Sie in der hektischen und oft von Unruhen geprägten Welt daran, sich auch Zeit für die Bedürfnisse und Sorgen unserer Mitmenschen zu nehmen. Vielen Dank.” Unter tosendem Applaus verabschiedete sie sich von den Zuhörern und platzierte sich im Hintergrund der Bühne.
“Wie gut kann ein Doktor bitteschön aussehen?” Fassungslosigkeit zeichnete sich in Ronas Gesicht ab, als er ans Podium trat. Das Erscheinungsbild von Herrn Dr. Jassner verkörperte eine faszinierende Mischung aus Kreativität und Eleganz. Die blonden Locken, die im Scheinwerferlicht gold schimmerten, umspielten sein Gesicht und verliehen ihm einen intellektuellen Charme. Jede seiner Gesten und Bewegungen wirkte präzise und durchdacht. Sein Stilbewusstsein bewies er mit seinem kreativ gemusterten Hemd, wozu er ein hellblaues Jacket kombinierte. Seine Brille war mehr als nur seine Sehhilfe. Sie drückte seine Leidenschaft für Farben und Formen aus. Sie war kunstvoll gestaltet und in verschiedenen lebendigen Farbtönen gehalten. Jeder Bügel schien eine andere Nuance anzunehmen – von tiefem Kobaltblau über warmes Sonnengelb bis hin zu sattem Rubinrot. Die Farben flossen harmonisch über die geschwungenen Linien der Brille ineinander und schafften ein Muster, das an ein abstraktes Gemälde erinnerte. Ein Beweis für seine künstlerische Sensibilität und Fähigkeit, Schönheit in jeder Facette des Lebens zu erkennen. “Ein großes Dankeschön gilt meiner Vorrednerin Frau Klink. Ohne ihr Engagement hätte die Akademie der Bildenden Künste womöglich noch weitere Jahre auf die Sanierung von fünf Ateliers gewartet. Also bitte ich Sie, noch einmal zu applaudieren, um diesen Einsatz gebührend zu feiern.” Ein Spot leuchtete auf die Direktorin, so dass sie für einen weiteren Augenblick im Vordergrund stand. Der Jubel war noch lauter als zuvor. Sie freute sich sichtlich für den Zuspruch ihrer Arbeit. “Ich weiß aus eigener Erfahrung wie sehr ihr auf den Start der ersten Kurse hinfiebert, da ich vor nicht allzu langer Zeit selbst an eurer Stelle gesessen habe. Aus diesem Grund möchte ich mich kurz fassen. Seit beinahe einem halben Jahrhundert unterstützt der Akademieverein aufstrebende Kunsttalente an der Akademie der Bildenden Künste. Wir entstanden aus einem Kreis von Unterstützern, die eine enge Bindung zur Akademie, den Studierenden sowie Angestellten aufbauten.” Das Scheinwerferlicht reflektierte in seinen gebleachten Zähnen. Für meinen Geschmack hatter er eine Behandlung zu viel genossen.
© Lia KiGo 2023-08-22