by Giggu
“Tatsächlich?”, frage ich meine Freundin C. am Telefon und muss schmunzeln, “und du begleitest R. wieder? Irgendwie hat dieses Treffen zwei Seiten. Du meinst, es ist auch ein bisschen makaber? Naja, aber ihr habt doch so recht, in unserem sehr vorgerĂĽckten Alter sollten wir die Dinge nehmen, wie sie sind und das Beste daraus machen. SchlieĂźlich sind die meisten schon ĂĽber 80 Jahre alt, nehme ich an. Also, worauf warten? Und dass ihr nicht den Humor verloren habt und dass es ĂĽber die Jahre eine festgefĂĽgte Gemeinschaft geworden ist, spricht eindeutig fĂĽr euch! Freue mich mit dir und deinem R. Dann viel SpaĂź noch heute mit eurer liebenswerten, schrägen Truppe! Wir hören demnächst wieder voneinander! Baba!”
“Sind C. und R. heute bei einem Ringelpiez mit Anfassen?”, will H. von mir wissen und in seinem Gesicht macht sich ein Grinsen breit. “Nur kein Neid, bitteschön! Sie fahren heute wieder zu R.s jährlichem Maturatreffen”.
“Apropos Maturatreffen! Das habe ich dir noch gar nicht erzählt”, berichtet mir H. aus seiner Vergangenheit, “wir waren eine gemischte Klasse. Beim letzten Treffen hat Lilly ihr Teenager-Geheimnis ausgepackt, warum sie damals Sebastian in der Pause eine schallende Ohrfeige verabreicht hat. Sebastian hatte Lilly nämlich eines Tages verschämt erklärt, dass er jetzt eine Freundin habe und daher an ihre Kollegialität appelliere. Sie, Lilly, möge sich doch bitte fĂĽr einen Beischlafversuch zur VerfĂĽgung stellen, damit er wisse, wie es sich so anfĂĽhlt!”
Ich bin kurz sprachlos – dann brechen wir beide in Gelächter aus. “Sebastian”, ergänzt H., “ist ĂĽbrigens Arzt geworden!”
“Aber nun zurĂĽck zu R.s Maturanten-Treffen”, nimmt H. wieder den Faden auf, “bei allem Respekt, aber R. wird heuer 86 Jahre alt, wie viele seiner Klassenkameraden können noch so fit wie R. sein oder ĂĽberhaupt zum Treffen kommen?” “Also, C. hat mir das so geschildert”, erkläre ich, “die ersten Jahre nach der Matura war es, weil Bubenklasse, ein reines Männertreffen. Später, als die Herren nach und nach in Pension gegangen sind, haben sie auch ihre Ehefrauen zu den jährlichen Treffen mitgenommen. Die Jahre sind vergangen und etliche sind aufgrund von Krankheit oder Todesfall ausgeblieben. Weil die Gemeinschaft so harmonisch zusammengewachsen ist, werden auch die Witwen zu den “Klassentreffen” weiterhin eingeladen. Und die nehmen die Einladung gerne an. Ein ungeschriebenes Gesetz ist, dass nicht lange ĂĽber Krankheiten und Operationen geredet werden soll. Ist das nicht vorbildlich?” Uns winkt der 80er ja auch schon heftig zu und es wird immer wichtiger, in heiterer Gesellschaft zu sein!” “Der 80er winkt heftig, aber nicht sehr freundlich”, meint H., but: If you can´t beat ihm, join him! Wir genieĂźen einfach auch Kleinigkeiten und daher braue ich uns jetzt einen Kaffee!”, sagt H. und marschiert Richtung KĂĽche.
“Ah! Was ich noch fragen wollte”, ruft er mir zu, “wie viele Maturanten-MitschĂĽler aus R.s Klasse kommen noch zum Treffen?” “Hm”, antworte ich ein wenig betroffen und doch auch amĂĽsiert, “C. sagt, dass auĂźer R. noch zwei Kollegen dabei sind, aber sonst – – – ĂĽberwiegend Witwen!”
© Giggu 2025-05-10