Als das Pony meinen Vater sah …

Melly Schaffenrath

von Melly Schaffenrath

Story

Ein verlängertes Wochenende veranlasste meine Eltern zu einem Ausflug ins Burgenland. Da beruflich Urlaub für meine Eltern kaum möglich war, mussten wir Kinder uns mit kürzeren Ausflügen begnügen. Die Tage wurden gut genutzt. Anreise, dann einchecken im Hotel. Ein paar Stunden am Nachmittag in der Therme, dann Abendessen und Überlegung, was am nächsten Tag gemeinsam unternommen werden könnte.

Meine Mutter erkundigte sich an der Rezeption und machte einen Reitstall ausfindig. Reitstunden für meine kleinen Brüder. Mein Vater und ich sollten einen Ausritt machen. Zwar waren meine Reitstunden schon ein paar Jahre her, trotzdem freute ich mich auf den nächsten Tag.

Am nächsten Vormittag fanden wir den Reitstall problemlos. Wir wurden vom Besitzer begrüßt. Die Pony´s für meine Brüder standen schon gesattelt bereit und eine Reitlehrerin führte meine Brüder und meine Mutter zu den Pferden. An meinen Vater und mich gewandt sagte der Mann: „Ihre Pferde sind gleich so weit. Ein paar Minuten, sie werden gerade gesattelt. Ich werde euch dann auf dem Ausritt begleiten.“. Nach kurzem Warten wurden drei Pony´s hergeführt. Meine Vorfreude war kaum zu bremsen. Pony´s, so süß!

„Ähm …, wo isch mei Pferd?“, höre ich meinen Vater fragen. „Da. Das hier ist für dich.“, sagte der Mann zu meinen Vater und zeigte auf eines der Pony´s. Entsetzt schaute mein Vater auf das Tier. Dann schaute er auf seinen ausladenden Bauch, dann wieder auf das Pony. Der Rücken des Tieres ging ihm gerade Mal bis zum Bauchnabel. „Also, entschuldige, aber des isch koa Pferd! Des isch a Pony! I wieg 130 Kilo! I bin schwarer als des Viech! Wia soll der Zwerg mi datragen?“, fragte mein Vater. Der Mann winkte ab und meinte: „Das ist kein Problem. Die sind zäh, die schaffen das schon.“.

Jetzt wurde mein Vater grantig. „Geh, so a Bledsinn! Da hock i mi nit drauf! Des arme Viech! Schau amal, wia des jetzt schun drein schaug! Des hat ja jetzt schu Angst! Schau, wias die Augen aussa stellt vor Panik! Glei fangs zum rean un! Da, schaug, a Träne! Hams koa Pferd? Oans, was mehr Gwicht hat wia i?“.

Der Mann versuchte wieder, meinen Vater zu überzeugen, dass es dem Pony nix ausmachen würde und mit dem Gewicht kein Problem hätte. „Na, da hock i mi sicher nit drauf! Schaug mi decht amal un! Wenn i mi da drauf hock zum Ausreiten, da schleifen ja meine Fiaß am Boden! Und danach häng es Kreuz von dem Viech am Boden. Geh, hea auf da! Des arme Viech! Schaug amal, des zittert vor Angst!“, regte sich mein Vater auf. Der Mann erklärte meinem Vater, dass dies ein Ponyhof sei und er nur Ponys habe.

Im Endeffekt ritt ich allein mit dem Mann aus, mein Vater blieb bei meiner Mutter und schaute meinen Brüdern bei den Reitstunden zu. Die restlichen 2 Urlaubstage schimpfte mein Vater immer wieder darüber, wie man IHN mit seinen 130 Kilo auf ein so kleines Pony setzten wollte. „Des Viech hat great, wias mi gsegn hat! I hab die Träne gsegn! Tierquäler!“.

Foto: Unsplash, Tim Bottchen

© Melly Schaffenrath 2020-06-23

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