Brimor Schattenfels und die Verschwörung #1

Am frühen Morgen hatte Brimor Schattenfels wie gewohnt die Marktstände abgeklappert: frisches Pilzbrot von Schwester Magda, leuchtende Rauchkugeln bei Tilda der Kräuterhexe, und ein paar Quarzkiesel für die Ladendeko. Zufrieden mit seiner Ausbeute hüpfte er die steinerne Treppe zum Familiengeschäft hinauf – doch schon auf halber Strecke blieb er stehen.

Über den Ein­gang des benachbarten Edelsteinhändlers prangte ein glänzendes Banner mit einem kupferfarbenen Faust-Emblem. Direkt darunter standen drei Zwerge in fein ge­stickten Umhängen und feilschten mit lauten Gesten, als ginge es um ihr ganzes Erspartes.

»…und ich sag dir, Laris, 5 Kupfer sind mehr als fair, wenn du den Stein so schön schleifst«, brüllte der erste Händler, riss weit die Arme auf und versuchte, seinen riesigen Wams in Szene zu setzen. Der Zwiebelbart-Protz neben ihm schnaubte abfällig und riss ein Preisschild herunter.

Brimor hob eine Augenbraue. Das war neu – normalerweise spielten die Händler hier die höfliche Konkurrenz. Er gab seinem Rucksack einen kräftigen Ruck und setzte die letzten Stufen fort. Vor seinem eigenen Laden stand schon sein Vater Garim in der Tür – die Stirn in tiefe Falten gelegt, die Arme in die Seite gestemmt.

»Na, Brimor«, knurrte Garim, »sieh dir das an. Die Kupferfaust eröff­net glatt ‘ne Paradehalle voller Glitzer hier im Viertel. Und unsere Jungs dort drüben schieben sich gegenseitig die Preise in den Himmel.« Er schob die breite, mit Arbeitsspuren übersäte Handkante vor die Augen, als wollte er die Sonne abschirmen. »Seit wann bieten wir solche Preise an, hm?«

Brimor schmunzelte. »Sieht eher aus wie ‘ne Zwergen-Kaschemme mit Kronleuchtern. Aber hey, neue Kunde­n kann man gebrauchen.« Er zuckte mit den Schultern, während er über den Platz schlich und die prächtig verzierten Kupferfäuste anstarrte, die die Wände des neuen Standes zierten.

Am Einweihungs­tag selbst – so hatte er gehört – wollte die Kupferfaust gar Musiker importieren: Waldelfen, die Dudelsackpfeifen spielen würden, damit das Edelstein­glitzern besser zur Geltung käme. Ein bisschen over-the-top, dachte Brimor und streckte sich genießerisch.

Garim seufzte und kratzte sich am dichten Bart. »Ich hab nichts gegen ein bisschen Pomp, aber wenn sie unsere Stammkunden abziehen, sieht’s düster aus.« Er legte Brimor die Hand auf die Schulter. »Pass gut auf, was die da treiben. Ich will kein Gejammer, wenn mein Lager plötzlich Pfützen staubig­er Trauer zeigt.«

Brimor nickte, die Augen funkelten vor Neugier. »Keine Sorge, Vater. Ich geh’ gleich rüber und schau mir das Spektakel an. Vielleicht hängen da ja ein paar mehr Geheimnisse dran als nur Kupfer und Schin­kenglasur.«

Mit einem letzten, entschlossenen Blick auf den kupferblitzenden Pavillon machte er sich auf den Weg – bereit, die »Einladenden Schatten« der neuen Konkurrenten auszuleuchten.