Das Rathaus war auf Hochglanz poliert. Überall funkelten Lampen aus Quarzglas, bunte Stoffbahnen wehten durch die breiten Hallen, und irgendwo spielte ein etwas zu enthusiastischer Zwergenflötist eine Melodie, die an eine betrunkene Bergziege erinnerte.
»Elegant wie ein Felsrutsch im Abendkleid«, bemerkte Brimor, während er sich den Bart kämmte und versuchte, den viel zu engen Gehrock zu schließen. Ylva musterte ihn mit hochgezogener Braue.
»Du siehst aus, als hättest du dich mit einem Vorhang geprügelt. Und verloren.«
»Danke. Kompliment zurück. Dein Kleid funkelt so sehr, ich krieg Schneeblindheit.«
»Perfekt. Vielleicht blendet’s die Kupferfaust. Oder wenigstens diesen eingebildeten Oberschleifer.«
Die festliche Händlergala war das gesellschaftliche Ereignis des Monats – eine Gelegenheit, bei der Geschäfte eingefädelt, Allianzen geschmiedet und Konkurrenz höflich vergiftet wurde. Im übertragenen Sinn. Meistens.
Die Vertreter der Kupferfaust waren natürlich in voller Montur aufmarschiert: glänzende Westen, kupferne Abzeichen, falsche Höflichkeit bis zur Decke. In der Mitte des großen Saals stand ein gläsernes Podest – darin kunstvoll drapiert: die neuesten Edelsteinlieferungen zur Schau.
»Die sind nervös«, flüsterte Gorran, der sich unauffällig mit einem Tablett herumdrückte, das niemandem gehörte. »Ich hab den einen Händler gesehen, wie er seine Stirn mit einem Vertrag abgewischt hat. Und der war zwanzig Seiten lang.«
Brimor grinste. »Warte nur. Gleich wird’s spannend.«
Und dann kam der Moment: Ein hochrangiger Vertreter der Kupferfaust, mit so viel Glanz im Bart, dass er damit ein Leuchtfeuer hätte entzünden können, trat vor die versammelte Menge. Mit gespreizten Armen präsentierte er »die feinsten Edelsteine der kommenden Handelsära«.
Er hob einen der präparierten Rubine – rot, feurig, perfekt geschliffen.
»Beachten Sie den Schliff. Die Reinheit. Die unübertroffene …«
Knack.
Ein Riss zog sich sichtbar durch den Rubin. Sekunden später: Krk. Der Stein zerbröselte in seiner Hand wie ein alter Keks.
Stille. Dann Husten. Dann ein unterdrücktes Prusten – aus Richtung von Ylva.
© Kreative-Schreibwelt 2025-08-08