Daheim ist wo das Herz ist … wirklich?

Wolfgang Lugmayr

von Wolfgang Lugmayr

Story
2023

Es ist der letzte Tag auf der Insel, Bardo zieht es weiter. Noch einmal geht er an seinen Lieblingsplatz unter einer Palme, direkt am Strand. Er beginnt, wie so oft in letzter Zeit, zu sinnieren. Er hat sich ein wundervolles Leben geschaffen, genau nach Wunsch. Er lebt an verschiedenen Plätzen „in der Fremde“, auf der ganzen Welt und von den Einnahmen seiner verschiedenen Blogs zum Thema Reisen oder Gesellschaft. Er beobachtet gerne, hat ein Gefühl für seine Umwelt und ein Talent dafür, die Erfahrungen, die er daraus zieht, in klare Worte zu fassen. Seine Leserschaft wächst ständig.

Nun sitzt Bardo da, die Füße im Sand. Seit einigen Tagen begleitet ihn der Begriff Heimat, mit all seinen Facetten. Er hört vermehrt Lieder darüber, Texte erreichen ihn in seiner Mailbox oder in Social Media und die Gespräche mit all den Menschen, die er auf seinem Weg trifft, handeln davon.

Was ist Heimat, hat ER eigentlich eine Heimat und warum hat er immer ein komisches Gefühl im Magen, wenn er den Spruch: „Home is, where the heart is“ hört? Denn er ist in seinem Herzen, das weiß er. Täglich übt er sich bewusst in Herzensmeditationen und Menschen kontaktieren ihn, „mit wie viel Herz seine Texte geschrieben sind“ … und doch: Er kennt das Gefühl von Heimat nicht, so glaubt er. Die wenigen Menschen, mit denen er intensiveren Kontakt pflegt, nennen sein Verhalten aber eher „Flucht„. „Doch wovon?„, fragt er dann immer zurück und stellt fest: „Ich brauche nicht zu flüchten„. Braucht man denn überhaupt eine Heimat? Die Antwort darauf ist doch die Essenz, dessen ist er sich sicher. Doch es gibt offensichtlich keine.

Bardo blickt sich um. Er fühlt sich rundum wohl und freut sich auf das, was kommt, wenn ihn morgen das Taxi holt und ihn in kühlere Gefilde bringt. Er möchte das Meer wieder richtig spüren und den Wind im Haar. Irland hat er sich nun ausgesucht. Schon vor einigen Jahren hat er einen kleinen Badeort direkt am wilden Atlantik gefunden. Hier lässt es sich vortrefflich schreiben und abends freut er sich auf tiefsinnige Gespräche mit den Einheimischen (ja, auch darin steckt Heimat!) an den Kaminen der lokalen Pubs, den tatsächlichen Wohnzimmer der Iren. Heim gehen die Menschen hier nur, wenn es ums Schlafen geht, so die Erfahrung von Bardo. Wo sind sie dann daheim? Bardo geht in sich. Er erinnert sich an ein Gespräch bei seinem letzten Irland-Aufenthalt, als ihm ein älterer Stammgast in seinem Lieblingspub sagte: „Ich könnte meine Heimat nie verlassen, denn ich kann ohne das Meer nicht sein„. „Armer Mann„, er hat offensichtlich noch nicht viel von der Welt gesehen und doch lässt Bardo dieser Gedanke nicht los, denn er sucht sich auch zumeist Plätze nahe am Meer, eine Lebensquelle für ihn.

Daheim ist, wo das Herz ist … klar, doch am Meer darf wohl schon in der Nähe sein! Das ist ein interessanter Gedanke. Bardo steht auf und klopft sich den Sand von der Kleidung. Morgen geht es dann weiter für ihn, aus ganzem Herzen? Wird es dann ein Daheim geben? Die Frage bleibt … to be continued!

© Wolfgang Lugmayr 2023-10-15

Genres
Reise, Lebenshilfe
Stimmung
Herausfordernd, Hoffnungsvoll, Informativ, Inspirierend, Reflektierend
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