Das Meer wandert aus (3)

Der Delfin kann mir sicher sagen, was hier los ist. Ich hebe die Hand zum Gruß und eröffne das Gespräch:

„Guten Morgen! Bitte um Entschuldigung, dass ich gestern so forsch war. Haben Sie denn das Bezirksamt schon gefunden?“

„Guten Morgen! Ach, gerne angenommen – wir alle haben schlechte Tage. Ich habe es dann tatsächlich bald gefunden und konnte gleich den Papierkram für die Arbeitserlaubnis erledigen. Jetzt kann ich mich gleich auf die Suche nach einem Job machen.“

„Ach, Gratuliere! Und werden Sie dann bei der Jobsuche auch dieses Kostüm tragen, nein, oder? Aber können Sie mir vielleicht sagen was hier los ist?“, und ich deute auf all die Meereswesen um uns herum.

„Kostüm?“ Er lachte laut auf, wobei sein Lachen eine Mischung aus menschlichem Lachen und dem Gezwitscher und Geklicke eines Delfins war. „Ja, ich kann verstehen, dass das im ersten Moment viel ist für euch. Sie haben uns in den Vorbereitungskursen gesagt, dass ihr Menschen ein wenig Zeit brauchen werdet, um euch an uns zu gewöhnen. Jedenfalls…“, er zeigt mit seinen Armen auf all die Wesen um uns herum, “wir tragen keine Kostüme, wir sind die erste kleine Kolonie, die ersten Auswanderer aus dem Mittelmeer! Und ich muss sagen, ein wenig stolz bin ich schon. Die Anpassung war gar nicht so einfach, aber als uns klar wurde, dass unsere geliebten Meere in einigen Jahren nicht mehr bewohnbar sein werden, verhandelten wir mit den Menschen. Und sie sagten uns zu, dass allen Meereswesen, die es schaffen würden, an Land zu überleben und einem Beruf nachzugehen, das Recht auf Schutz und Unterkunft gewährt wird. Nun, ich denke, eure Anführer haben es uns nicht zugetraut, aber wir sind die ersten, die die Anpassungen geschafft und die Kurse absolviert haben. Beeindruckend, nicht?“

„Anpassungen…Kurse? Und wie viele, ihr?“ Ich bringe keinen geraden Satz heraus.

„Na hallo?“ Er wedelt mit den Armen. „Es hat schon ein paar Generationen gedauert, bis wir das mit den Armen, Beinen und der Atmung so hingekriegt haben. Eure Sprache war da das geringere Problem, die ist für uns recht primitiv – nicht böse gemeint. Es werden jetzt täglich einige neue Kolonien auswandern und wenn unsere Berechnungen stimmen, haben wir innerhalb der nächsten drei Jahre unseren kompletten Lebensraum vom Mittelmeer auf das Festland verlagert. Die anderen Meere und Ozeane folgen.“

Ich will ihm zum Abschied die Hand reichen, da fällt mir auf, dass ich auf einmal Schwimmhäute zwischen den Fingern habe und ich beginne zu verstehen.