Der Hummer

Hermann Karosser

von Hermann Karosser

Story

Unsere Söhne hatten/haben sehr außergewöhnliche Interessen. FĂŒr uns Eltern war das aber nie ein Problem, im Gegenteil, damit erschlossen sich auch uns Welten, die wir ohne die beiden sicher nie „bereist“ hĂ€tten. So wie uns der Ă€ltere, flugzeugnarrische, an seinem Plane-Spotting hat teilhaben lassen, ließen wir uns von dem JĂŒngeren in seiner Begeisterung fĂŒr DAS ultimative GelĂ€ndefahrzeug mitreißen, den Hummer.

Nicht die von General Motors gebauten straßentauglichen Hummer 2 und 3 hatten es ihm angetan, sondern der Ur-Hummer, das fĂŒr die US-Armee entwickelte und gebaute High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle [HMMWV], sprich „Humvee“.

Einmal so ein Fahrzeug zu fahren war das erklĂ€rte Ziel von Vater und Sohn. Eines Tages machten wir uns auf, nach Berg am Starnberger See, wo nach unseren Informationen ein Hummer-StĂŒtzpunkt zu finden war. Angekommen, drĂŒckten wir – niemand war da – unsere Nasen gegen die Fensterscheiben der Werkstatt und konnten sie dort ausmachen, mehrere Exemplare hammermĂ€ĂŸig ausgestattete Humvees. – Nach der RĂŒckkehr der Belegschaft aus der Mittagspause, war das Eis schnell gebrochen mit dem Fachwissen meines Sohnes und der Begeisterung, die wir gut rĂŒberbrachten. Eine Probefahrt wurde uns angeboten, nicht selber fahren, aber herumgefahren werden. Wir nahmen gerne an und los ging’s ĂŒber die hĂŒgeligen schmalen Straßen am Ostufer des Starnberger Sees. Beeindruckend wie die anderen Verkehrsteilnehmer fast in den Straßengraben fuhren, wenn sie das lastwagenbreite UngetĂŒm auf sich zukommen sahen.

Diese Probefahrt schmeckte nach MEHR. Wir entdeckten den Offroadpark Langenaltheim in einem ehemaligen Steinbruch, da, wo mal die Solnhofner Platten herkamen. Hier werden jetzt Humvee-Fahrten fĂŒr Selbstfahrer angeboten.

Beim Anblick des GefĂ€hrts kamen mir Zweifel. Was wĂŒrde der deutsche TÜV wohl sagen zu einem „Auto“ offensichtlich ohne jegliche Sicherheitseinrichtungen. Sitze wie CampingstĂŒhle, einfache Bauchgurte, keine Airbags, Ketten statt TĂŒren und kaum Platz zum Sitzen. „Warum ist das so eng in diesem riesen Fahrzeug?“ unsere Frage. Die Antwort: „Der Motor liegt innen, um eine maximale Bodenfreiheit zu erreichen“.

Letztendlich sind wir doch eingestiegen. Der Fahrbegleiter war begeistert von den FahrkĂŒnsten unseres Sohnes. Wir hĂ€tten’s uns etwas moderater gewĂŒnscht, aber wo wĂ€re dann der Spaß geblieben? Die Fahrt ging durch Hohlwege mit einer SchrĂ€glage, dass wir uns mit beiden HĂ€nden festhalten mussten, um nicht hinauszurutschen. Dann durch Wasserlöcher so tief, dass wir nasse FĂŒĂŸe bekamen. Über eine Wippe, wie am Kinderspielplatz nur halt riesig fĂŒr den Humvee. Und am Schluss den Steilhang hinauf und hinunter. Ich weiß nicht, was von beidem schlimmer war.

Mit wackligen Knien ausgestiegen, waren wir uns einig, so was ist beim Spritverbrauch eines Hummer sicher nichts fĂŒr eingefleischte UmweltschĂŒtzer, aber „scheiß drauf: das war einfach geil!“

© Hermann Karosser 2020-09-29

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