Der vierte Advent war angebrochen, und das Dorf Winterfeld strahlte heller als je zuvor. Jedes Haus, jeder Baum war in ein Meer aus Lichtern getaucht. David stand am Fenster seines GĂ€stezimmers und betrachtete das Treiben drauĂen. Die Kinder zogen mit kleinen Laternen durch die StraĂen und sangen Weihnachtslieder, wĂ€hrend die Erwachsenen letzte Vorbereitungen fĂŒr den groĂen Abschlussabend trafen. Das LĂ€cheln auf Davids Gesicht kam von ganz allein. Ein Klopfen an der TĂŒr riss ihn aus seinen Gedanken. Es war Emma, die mit einer TĂŒte voller Weihnachtssterne und einer Tasse dampfenden GlĂŒhweins vor ihm stand. »Ich dachte, du könntest etwas Weihnachtsstimmung vertragen«, sagte sie mit einem schelmischen LĂ€cheln.
»Wenn du so weitermachst, gewöhne ich mich noch daran«, erwiderte David, wĂ€hrend er die Tasse nahm und einen tiefen Schluck trank. Die WĂ€rme durchströmte ihn, und er spĂŒrte, dass heute etwas Besonderes in der Luft lag. »Hast du schon PlĂ€ne fĂŒr den Abend?«, fragte Emma und sah ihn mit einem Blick an, der mehr fragte, als Worte es je könnten. »Ich dachte, ich lasse mich ĂŒberraschen«, sagte er und stellte fest, dass er es ernst meinte. Irgendwie war es ihm egal, was der Abend brachte, solange er hier war. Bei ihr. Emma lachte leise. »Gut, dann komm zum Marktplatz. Es gibt ein kleines Ritual, das du miterleben solltest.« Sie drehte sich um, blieb aber noch einmal stehen. »Vergiss nicht, dir etwas zu wĂŒnschen.«
Als die Sonne hinter den verschneiten Bergen verschwand, sammelten sich die Dorfbewohner um den groĂen Weihnachtsbaum auf dem Marktplatz. David schloss sich der Menge an und fand Emma, die ihn erwartungsvoll ansah. Ihre Wangen waren von der KĂ€lte gerötet, und das Licht der Laternen lieĂ ihre Augen leuchten. Herr Weidemann trat vor die Menge. »Heute, am vierten Advent, geben wir unsere WĂŒnsche an den Weihnachtsbaum weiter. Jeder Wunsch, der von Herzen kommt, wird von ihm bewahrt.« Er legte seine Hand auf den Baumstamm, und die Menschen folgten seinem Beispiel. David zögerte kurz, bevor er seine Hand auf die raue Rinde legte und die Augen schloss. Ein Wunsch. Ein einziger Wunsch.
Er öffnete die Augen und sah Emma an. Sie lÀchelte ihn an, und in diesem Moment wusste er, was sein Herz wirklich wollte.
Die Zeremonie endete, und das Dorf fĂŒllte sich mit Lachen und GesprĂ€chen. Doch Emma und David blieben stehen, beide noch in Gedanken bei ihrem Wunsch. Plötzlich brach Emma das Schweigen. »David, was hast du dir gewĂŒnscht?«, fragte sie leise, ihre Stimme fast ein FlĂŒstern.
»Bleiben zu können«, antwortete er, ohne nachzudenken. Ihr Gesicht zeigte fĂŒr einen Moment Ăberraschung, dann Freude.
»Dann solltest du wissen, dass WĂŒnsche in Winterfeld selten unerfĂŒllt bleiben«, sagte sie, trat nĂ€her und nahm seine Hand. Die KĂ€lte der Nacht verschwand, und alles, was blieb, war die WĂ€rme zwischen ihnen. David lĂ€chelte. Vielleicht, dachte er, war Winterfeld nicht nur ein Zufluchtsort. Vielleicht war es das Zuhause, das er nie gesucht, aber immer gebraucht hatte.
FROHE WEIHNACHTEN EUCH ALLEN!
© Kreative-Schreibwelt 2024-12-22