Die Doppelfingerflinte …

RENAvonRAVENSTEIN

von RENAvonRAVENSTEIN

Story

Ja, so schnell kann’s also gehen und man landet nachts, unverhofft in der Notfallambulanz der Unfallabteilung des nächstgelegenen Krankenhauses.

Und das kam so: Ich schritt freitags, spät abends noch rasch die Treppe hoch, in den ersten Stock, im Haus meiner Mutter, um ihr beim abendlichen Durchlüften behilflich zu sein. Ich öffnete zuerst im linken Zimmer das Fenster, schnappte mir gleich noch ein frisches Handtuch aus dem Kästchen und betrat dann mein altes, kleines, gegenüberliegendes Mansardenzimmer, um auch dessen Fenster zu öffnen.

Am Weg zur Türe fuhr der Sturm, der seit Tagen draußen tobte, mit bedrohlicher Eiseskälte ins Zimmer. Das Handtuch am rechten Arm griff ich mit der linken Hand nach der altmessingfarbenen Türschnalle. Just in diesem Moment fegte ein heftiger Windstoß mit Gebraus durch die Zimmer und wehte die Türe mit einem immensen Karacho zu – meine Finger dazwischen! Ahhhhhhh!!!

Ich schätze, dass mein gellender Schrei bis auf die Straße hörbar gewesen sein muss. Wahrlich unter Schock stehend und schmerzverzerrt taumelte ich das Treppenhaus hinab, wo mich Frau Mama total erschrocken in Empfang nahm.

Sie hatte gedacht, dass ich am Ende das Treppenhaus hinuntergestürzt sei, als sie mich so laut schreien gehört hatte. Zwei meiner Finger schwollen in Windeseile ziemlich dick an, obwohl ich die gesamte Hand sofort im Bad, unter fließend kaltes Wasser hielt. Zitternd wie Espenlaub, bat ich Mom die Notfallambulanzen durchzutelefonieren, ob ich überhaupt kommen dürfe, als Ungeimpfte. In einer wurde sie sofort zu einem Assistenten durchgestellt, der zustimmte, jedoch mitteilte, dass man mich testen müsse. So packten wir uns zusammen und fuhren sofort hin. Ich erstarrte sogleich, als ich den Polizeitross beim Betreten erblickte: “Um Himmels willen, was ist denn hier los?”, flüsterte ich leise zu Mom, über deren Anwesenheit ich heilfroh war.

Wir bekamen mit, dass ein schwer alkoholisierter Autofahrer einen Unfall verursacht hatte und sich heftig gegen die Blutabnahme und Behandlung wehrte. Der Kerl hielt den gesamten Betrieb auf und alle auf Trab. So hieĂź es: Bitte warten!

Ein beschwingter, afrikanischer Assistent kĂĽmmerte sich einstweilen sehr nett um mich und kam nach einer Weile mit meinem negativen Testergebnis zurĂĽck.

Nach einer geschätzten Ewigkeit, wurde ich mit Coolpack versorgt, untersucht und geröntgt. Der freundliche, Dienst habende, persische Arzt hatte richtig vermutet, dass meine Finger hoffentlich nicht gebrochen, sondern schwerst geprellt sein dürften.

Ein weiterer Assistent bat mich Platz zu nehmen und legte mir dann eine “Doppelfingerflinte” an. Kühlen, absolute Schonung und nicht Basketball spielen, zwinkerte er mir zu. Ich nickte und sagte lächelnd, dass nun auch Schreibpause angesagt wäre. Lachend erwiderte er: „Was ist mit Diktierfunktion? Er verwendet die ständig!“, auf den Arzt deutend.

Um 1:30 Uhr verließen wir endlich das Krankenhaus …

© RENAvonRAVENSTEIN 2022-01-23

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