Die Kranzschleife oder Schwarzer Humor

Karin Ulrike Heiss

von Karin Ulrike Heiss

Story

Als Floristin lernt man außer Blumenarrangements zu gestalten auch, wie man Kränze bindet und Trauerschleifen druckt. Ich war im ersten Lehrjahr, als die Seniorchefin mir das dicke, schwere Buch zeigte, worin alles geschrieben stand, zum Beispiel : In lieber Erinnerung, Ruhe in Frieden und dergleichen.

Die Lettern muss man vorheizen, damit sie bei einer bestimmten Temperatur mit einer Zange am unteren Ende der Druckmaschine angebracht werden können, spiegelverkehrt. Das zu beschriftende Band wird darüber gelegt, mit einem Magnet fest gemacht und dann kommt die Prägefolie drauf, entweder in Gold, Platin oder Silber.

Meine ehemalige Arbeitskollegin durfte diese wichtige Aufgabe nicht mehr erfüllen. Sie sollte mir das Prozedere beibringen, hatte aber keine Lust dazu, – ich erfuhr erst später, warum man ihr diese Aufgabe verweigert hatte. Immer wieder bat sie darum, Kranzschleifen drucken zu dürfen.

Eines Tages war wieder ein Trauerfall, wir mussten uns um alles kümmern. Unser Kranzbuch hatte nur noch ein paar Seiten frei, es fiel fast schon auseinander.In den Spalten stand der Name der Verstorbenen, das Datum, wie viel der Kranz kosten darf, welche Blumen gewünscht sind und schließlich ganz rechts außen der zu druckende Text. Weil es ein dringender Fall gewesen war, vergewisserte ich mich nicht mehr, ob das nun so gehört, wie es im Buch geschrieben steht.

Ruhe sanft. Es werden stets zwei Schleifen auf einem Kranz angebracht, eine mit dem Spruch und die andere mit den jeweiligen Namen der Angehörigen.

“Frau Chefin! Da steht kein Name dabei!“ Die Lehrherrin rief irgendwas von beiden Seiten, und da der Druck immer größer wurde, mischte sich noch das andere Lehrmädchen ein, ich solle mich gefälligst beeilen, das Trauergebinde würde gleich abgeholt.

Ich deutete auf die Maschine und sagte: „Dann druck doch du sie, wenn du schneller bist!“ Schnell sah sie ins Kranzbuch und verschwand im Hinterzimmer, wo das Prozedere stattfinden soll.

„Fertig!“, ruft sie erleichtert und stolz zeigt sie ihr Werk dem Kunden.

Was war ich froh darüber, dass nicht ich den Fehler gemacht habe.

“Um Gottes willen, was fällt Ihnen denn ein?“ Sie hatte leider übersehen, dass die letzten drei Worte in Klammer standen und so entstand Folgendes:

Auf den Schleifen stand in Goldbuchstaben: RUHE SANFT AUF BEIDEN SEITEN.

Epilog: Natürlich wurde die Schleife ersetzt, doch ein bitterer Nachgeschmack blieb noch lange erhalten. Trotz allem muss ich heute noch schmunzeln, wenn ich mich an diese Episode erinnere.

© Karin Ulrike Heiss 2021-09-07