von Emo Lenz
Was sich liebt, das neckt sich. Das könnte auch die Überschrift für diese Geschichte sein. Der Othi ist ein richtiger Kumpel. Viel haben wir zusammen gelacht beim Tennisdoppel nach Feierabend. Immer wieder liefert er auch lustige Anekdoten. Da fährt er achtzehnmal ins selbe Radar, bis die ersten Strafrechnungen eintrudeln oder macht im Urlaub aus Versehen lauter Selfies. Mit seiner Ziehorgel spielt er auf Hochzeiten und Unterhaltungen. Und seine lockere Zunge hat er auch nicht immer im Zaume.
Er versteht sich auch mit seiner Mutter und seinen Geschwistern recht gut. Der Liebe wegen ist er aber auf die andere Talseite gezogen. Dort hat er sich ein neues Nest geschaffen und recht gemütlich gemacht. In der Freizeit hegt und pflegt er seine Tomaten, die ihm viel bedeuten.
Hin und wieder besucht er seine Mutter auf der anderen Seite. Immer bringt er ihr etwas Nettes mit. Diesmal sind es selbst gepflückte und sauber geputzte Holunderbeeren. Die Mutter fragt: „Und was soll ich dir dafür geben?“ Da sie Schwammerln suchen war, ist sie gerade beim Putzen der frisch gefundenen Pfifferlinge. „Ein paar von denen, die schauen ja recht appetitlich aus, die mag ich auch sehr gern“, antwortet er spontan. Natürlich gibt ihm die Mutter die Hälfte davon. Allerdings erhält er nur die ungeputzten. Lieber wären ihm natürlich die geputzten gewesen.
Othi bedankt sich und kehrt noch im Gasthaus zu auf ein Bier. Es wird etwas später. Beim Gehen sagt er der Kellnerin, er müsse noch in die Schwammerln gehen. Die versteht nicht. Othi aber schaut nochmals bei seiner Mutter vorbei. Die hat schon finster. Er weiß aber, dass die Eierschwammerln auf dem Balkon sind. So tauscht er seine ungeputzten heimlich gegen die sauberen aus und lacht sich dabei ins Fäustchen.
Ein paar Tage vergehen. Da schleichen zwei dunkle Gestalten in seinem Garten ums Haus und stehlen ihm alle reifen Tomaten. Und an ihre Stelle hängen sie rote Christbaumkugeln an die Stauden! Das ist die verdiente Revanche für sein freches Unterfangen.
Othi trägt es mit Humor. Er lässt die Kugeln hängen und sagt, die seien seine neue Tomatensorte. „Nach langer,langer zeitaufwändige Forschungsarbeit ist es mir gelungen, eine neue Tomatensorte zu entwickeln, absolut winterhart, faulen und verderben nicht. Nur am Geschmack und der Bissfestigkeit muss ich noch arbeiten“, schreibt er selber dazu.
© Emo Lenz 2021-02-08