Die Schneekugel

Die Schneekugel war eines der schönsten Geschenke, das sie je bekommen hatte. Sie war nicht kitschig, keine Massenware. Eine Miniaturblockhütte an einem sanften schneebedeckten Hang hockte in ihrer gläsernen Welt. In den Fenstern glomm das warme goldene Licht eines Kaminfeuers oder einer Kerze. Wer wusste das schon? Die Türe war verschlossen, um die Kälte nicht hineinzulassen. Einige Tannen standen hinter dem Haus. Die Hundehütte war verwaist. Die winzigen Spuren führten ins Innere des Hauses. Das Glas war auf der einen Seite leicht getönt. Die Färbung erweckte den Eindruck von einbrechender Dunkelheit. War es Nachmittag oder schon Abend? Tiefster Winter oder fast Frühling?

Im Vogelfutterhaus lagen Haferflocken. Vögel waren nicht mehr zu sehen. Nicht mehr. Sie lächelte. Als könnten die Vögel am nächsten Morgen herbeigeflogen kommen. Als würde dann die Türe aufgehen und ein in Mütze und Schal verpackter, bärtiger Mann zur Futterstelle stapfen, um diese aufzufüllen.

Bedächtig drehte sie die Schneekugel in ihrer Hand und es begann zu schneien. Wie oft hatte sie das als Kind gemacht? Verzaubert zugesehen, wie die Schneeflocken glitzerten und still zu Boden fielen. Sich vorgestellt, wie sie mit dem Hund durch den Schnee tollte.

Es gab keinen Winter mehr. Ein bisschen Frost, viel Matsch. Es schneite höchstens nachts. Dann saß oder stand sie am Fenster und sah dem Schneetreiben zu, so als wäre es das letzte.

Natürlich könnte sie in die Berge fahren oder nach Finnland. Aber das wäre nicht das gleiche. Sie wollte hier das Raunen des Schnees hören, ihre Atemwolken sehen, Schneeflocken mit den Händen fangen. Hier, wo im Frühling ihre Lieblingsbäume erwachten. Sie wollte diese knorrigen Äste schneeverhangen sehen. Ein Winterwunderland.

Sie konnte ohnehin nicht verreisen. Machte sie sich nichts vor. Warum? Das spielte keine Rolle. Jeder Grund wäre ein schlechter gewesen. Sie konnte nichts daran ändern. So blieb ihr nur ihre Sehnsucht, während der graue Januarhimmel sie anstarrte. Sie schaute nicht zurück.

Sie stellte die Schneekugel auf ihren Nachttisch und schloss die Augen.

Sie erwachte und wusste, dieser Winter würde ewig währen.