Ferienheim mit Kuckucksuhr

Annemarie Baumgarten

von Annemarie Baumgarten

Story
Sächsische Schweiz

Wir erstiegen den Großen und den Kleinen Winterberg in der Nähe der Grenze. Man musste aufpassen, nicht dass man aus Versehen hinübergelaufen und die nächsten Jahre als Holzfäller zum Einsatz gekommen wäre! Die uns schon seit den Wanderungen in Johanngeorgenstadt bekannten zweisprachigen Schilder warnten.

Einmal im Jahr wanderten wir durch Krippen, vorbei am Waldsportplatz, zur „Liethenmühle“, Ferienheim der Uhrenwerke Ruhla in Kleinhennersdorf mit Speisesaal für Heimgäste, kleiner Gaststube mit Stammtisch, altem Kachelofen und Kuckucksuhr. Vati passte es regelmäßig so ab, dass wir dort waren, wenn der Kuckuck mehrfach ruft. Ihn faszinierten diese Uhren. Er ging am Liefertag ins Konsum-Kaufhaus Crimmitschau. Immer hieß es, es sind keine Kuckucksuhren mitgekommen, er solle nächste Woche wieder fragen. Er kam sich richtig blöd vor. Über einen Arbeitskollegen mit einer Verwandten unter den Verkäuferinnen klappte es eines Tages mit einem einfachen sowjetischen Modell. 1977 erwarb Vati anlässlich des Besuchs zur Silberhochzeit seines Bruders in einem Uhrengeschäft in Rehau eine „West-Kuckucksuhr“. Einmal kamen wir ca. 17:00 bei den „Uhrenwerkern“ an. Eine ältere Dame, ebenfalls Gast, ereiferte sich, wie man um die Zeit noch Kaffee trinken könne?! Unterhalb der Liethenmühle sind Teiche. Auf dem Rückweg nach Bad Schandau habe ich Vati zum Ende meiner Schulzeit mal einige Englischvokabeln beigebracht.

Wir waren mehrfach auf den Zschirnsteinen. Sie grüßten Vati seit Jahren aus der Ferne und zogen ihn magisch an, ein weites, aber lohnenswertes Ziel. Immer wieder breitete er im Quartier die Wanderkarte aus und hielt nach der günstigsten Route Ausschau. Der Weg führt durch Krippen. Dort kam man an eine Kreuzung am Krippenbach, steile Straße nach oben. Links von der Straße, der wir sonst zur Liethenmühle folgten, biegt ein Weg ins Gelände ab. Im Wald kamen wir mehrmals an einem Bauwagen vorbei. In den Wäldern sah man an vielen Bäumen schwarze Ringe auf der Rinde – Merkmale der Forsteinrichtungsrevision für den Staatswald (Holzartenverteilung) von 1933 und erkannte, dass seit der Zählung einige Zeit vergangen ist. Die Ringe waren nirgends mehr durchgängig, alle Bäume hatten an Umfang zugelegt. Die Felsenhöhle bei den Zschirnsteinen suchten wir vergeblich. Der Große Zschirnstein ist mit 561 m die höchste Erhebung der Sächsischen Schweiz, sonst liegen die Bergeshöhen zwischen 350 und 450 m über dem Meeresspiegel. Das Gipfelplateau des Großen Zschirnsteins ist weiträumig, am Südende befand sich eine Schutzhütte. Man hat die umfassendste Fernsicht, die bei klarer Luft bis zur Albrechtsburg Meißen reicht. Wir wanderten nach Reinhardtsdorf. Kirche mit barockem Zwiebelturm. Mittagessen im Wolfsberghotel bei sehr schöner Aussicht. Ein Weg zu den Zschirnsteinen führt dort entlang. Ein weiterer Ortsteil von Reinhardtsdorf-Schöna ist Kleingießhübel, bereits in relativer Nähe zum Kleinen Zschirnstein. Wir kamen an der Rölligmühle vorbei und kehrten dort auch mal ein, als es uns unterwegs so einweichte.


© Annemarie Baumgarten 2024-05-18

Genres
Reise
Stimmung
Herausfordernd, Unbeschwert