von loislane
Weil es nach der Trauerfeier für die Tante kein gemeinsames Essen geben wird, beschließen meine Mutter und ich uns bei ihr zu Hause zusammenzusetzen. Es soll Gans geben, es braucht nach den vielen Tränen einfach was Warmes und tröstliches in den Bauch.
Weil die Novembersonne so schön hell ist, stehen wir alle noch am Friedhof eine Weile zusammen und drücken uns, obwohl man das nicht soll. Es hätte uns allen gut getan gemeinsam zu essen doch bald löst sich die Gesellschaft auf und wir zwei fahren still nach Hause.
Die Gans ist schon fertig, muss nur noch einmal kurz ins Backrohr, davor essen wir Suppe, erzählen Erinnerungen, lachen und die Anspannung löst sich langsam.
Meine Mutter ist auch schon alt und mag nicht mehr so viel essen. Von ihrer Portion bleibt also einiges übrig und sie bittet mich den Teller auf den Terrassentisch zu stellen, da bleibt es schön kühl. “Ich vermute, wenn ich das so hinstelle, wird sich der Kater bedienen?“ frage ich. Meine Mutter sagt, der ist zu alt für solche Aktionen aber gibt mir trotzdem eine Schüssel, die ich über den Teller stülpen kann.
Wir sitzen dann noch eine Weile zusammen, trinken ein Gläschen Wein, es wird früh dunkel aber wir machen kein Licht. Diese stille Stimmung tut uns beiden gut.
Der Kater hüpft von seinem Platz und schleicht knapp über dem Boden zur Terrassentür. Langsam richtet er sich auf, jedes einzelne Schnurrhaar ist hoch konzentriert und seine Ohren gespitzt. Er beginnt mit den Zähnen zu klappern und die Schwanzspitze klopft leise von links nach rechts.
Wir recken unsere Köpfe um zu schauen, was ihn da draußen so fasziniert.
Auf dem Tisch sitzt ein junger Fuchs und stuppst mit seiner Schnauze so lange unter den Schüsselrand bis sie sich hebt und er sie zur Seite kippen kann. Er beschnuppert seelenruhig das Menü, leckt ein bisschen an der Soße, Rotkraut und Knödel lässt er unberührt. Er greift dann bei der Keule zu, nimmt sie gekonnt in sein Maul, lächelt uns dankbar an und verschwindet in der Abenddämmerung.
Meine Mutter lacht aus voller Kehle, der Kater summt “Fuchs du hast die Gans gestohlen” und wir drei sind glücklich, dass das Leben weitergeht.
© loislane 2021-11-28