von Andreas Trimmel
Vierter Februar 2020, Dienstag. Ein typischer Familienurlaubstag im mitteleuropäischen Winter: Wasserfall auf der Piste, finnische Seenplatte auf der Loipe, hypnotisierender, monoton dahinprasselnder Dauerregen.
Fehlte nur noch die Angina, die vor vier Jahren den Einstelligen umwarf. Aber die war, so schien’s, auch bereits im Anmarsch. Fit fühlte sich wahrlich anders an.
Dauerregen also, bei frühlingshaften Temperaturen. Daher vormittags in die Sportshops geschwommen und dort umgesehen. Ich wär’ ja echt bereit gewesen, größere – jedenfalls für meine Verhältnisse – Geldmengen in die lokale Wirtschaft zu pumpen. (Und in die Lokale, die andere Wirtschaft, sowieso.) Doch das klappte nicht wirklich.
Das, was ich wollte? Hatten sie nicht.
Das, was sie hatten? Wollte ich nicht.
Ein klassisches Beispiel dafür, dass Angebot und Nachfrage nicht immer dieselbe Sprache sprechen, eben doch nicht den „Markt“, dieses abstrakte Wesen, alleine regeln.
Nachmittags bot’ ich dem Regen erneut die Stirn – vom Fenster aus. So aus dem wonnig-warmen Appartement rauszuschauen, die Launen und Wirren der Natur zu beobachten, dem Spiel der Elemente zuzusehen, drinnen in Bücher zu versinken während draußen die Welt versinkt, … . Das hat auch was.
Bücher also. Und auch Spielereien, Schläfchen und ein intensiver Diskurs über die VWA des bald Maturierenden. „VWA“ steht ja bekanntlich für „vorweihnachtliche Arbeit“. Meine VWA – also meine vorweihnachtliche Anmerkung – , dass seine VWA dann ja bis Heilig-Abend fertig sein müsste, hatte er mit einem milden Lächeln quittiert. However. Sei’s wie’s sei. Worum’s in der VWA ging? Urheberrecht. Datenschutzgrundverordnung. Hochspannend. Nachmittagsfüllend. Garantiert familienurlaubstauglich.
Was sonst noch geschah?
Dem Schnee beim Schmelzen zugesehen, den Matsch bei seiner rasanten Selbstreproduktion beobachtet, die Mensch-ärgere-Dich-nicht-TM fortgeführt, alternativkonsequente Mit-Menschen zu überzeugen versucht, „Projekt 60“ beim Pausieren geholfen, und abends Speed gedated.
„Speed?“, fragst Du Dich? Jack, Annie und ein Bus. Und die Zahl 50 spielt auch eine Rolle – bevor Howard den Kopf verliert. Was das mit Winter zu tun hat? Nichts. Ein Date ist’s aber allemal wert, insbesondere an so einem Tag.
Ach ja: Und auch Geigen waren wieder zu vernehmen. Nein, die hangen nicht im Himmel – da war’s zu feucht. Die Geigenklänge waren irdischen Ursprungs – und ertönten aus dem Skiraum.
Langsam fand’ ich Gefallen an der finnischen Seenplatte. Und auch der Einstellige genoss es. Sein „Projekt 60“ – sechzig Kilometer binnen sechs Tagen, auf Langlaufski – würde er halt am nächsten Tag, mit gesteigertem Einsatz, fortsetzen.
© Andreas Trimmel 2021-02-04