Gehört. Ein Tag mit meinen Ohren

Claudia Widder

von Claudia Widder

Story

Ich liege auf der Parkbank abends.

Sonnenuntergang, das Holz auf der Bank ist noch warm von der Hitze des Tages. Die WĂ€rme strahlt in meinen verspannten RĂŒcken und tut gut. Loslassen. Loslassen im Kopf, loslassen die sorgenvollen Gedanken. Platz machen fĂŒr Mut, Liebe und Zuversicht. Ich lausche dem aus nĂ€chster NĂ€he tobenden VerkehrslĂ€rm. ZĂŒge rattern an Bahnhof Meidling im Minutentakt einige 100 Meter an mir vorbei. Sie ĂŒbertönen das Vögelgezwitscher im Park, in dem ich liege. Eine schreiende Mutter mit ihrem quengeligen Kind. Das habe ich selbst zuhause, nur 10 Jahre Ă€lter, denke ich mir und setze mich weg. Schön, wenn die Probleme so leicht lösbar sind. GerĂ€usche um mich und Stimmen in mir. Der Tag erzĂ€hlt mir seine Geschichte. Mein Kopf rast und die Geschichte will hinaus. Ich drehe eines meiner kleinen Liebesvideos fĂŒr meinen Freund. Ich erzĂ€hle ihm von meinem Tag. Der Klang meiner eigenen Stimme beruhigt mich. Ich höre mir selbst beim ErzĂ€hlen zu. Meine schwarzen Ringe unter meinen Augen sind nicht so wichtig im Video, das ich ihm schicken will, hoffe ich. Als ich ihm einen Kuss zum Abschluss schicke, leuchten meine Augen und meine Stimme wird ganz sanft und weich. Das Rauschen des Verkehrs und das Rattern der ZĂŒge macht mich dankbar. Ich wohne in einer Großstadt. Ich kann jederzeit einen Zug nehmen. Fast ist der laute VerkehrslĂ€rm wie Musik in meinen Ohren. Alltagsmusik im Großstadt-Dschungel.

Den Songtext schreibe ich selbst.

© Claudia Widder 2020-11-19

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