von Ghost
Nachts, wenn die Stille den ganzen Raum füllt, sind die düsteren Gedanken am lautesten. Ich halte mir mit aller Kraft, die Tränen zurück, doch es gelingt mir nicht. Die ständige Frage, ob ich für dich Leid oder Glück bin, frisst mich innerlich auf. Sie verzehrt sich nach meiner Seele und färbt sie Pechschwarz. Ich spüre in mir, jeden Zentimeter, der übermalt wird. Nach jeden Streiten sei er noch so klein, werde ich von einem Treibsand aus Emotionen hinab gezogen. Ist es fair von mir, dir so ein Leben anzutun? An guten Tagen, werde ich mein Bestes geben und alles Mögliche tun, um zu unserem Glück beizutragen, aber es wird Tage geben, an denen mir die Kraft fehlt. Es wird Tage, Wochen sogar Monate geben, an denen nichts gelingt. Ist es egoistisch von mir, dir mein Leid aufzudrücken? Du hättest doch so viel mehr verdient. Eine Freundin, die nicht so auf dich angewiesen ist. Eine, die jeden Tag alles im Haushalt erledigt. Die einen Vollzeitjob hat und ein gutes Gehalt, wo ihr euch schon längst den Traum einer Eigentumswohnung erfüllen könntet. Jemanden, der nicht immer emotional wird und ständig weinen muss. Ich würde dir wirklich von Herzen, das allerbeste wünschen. Die Möglichkeiten mit mir, sind begrenzt. Ich kann dir einfach nicht versprechen, dass es anders wird. Weiß ja selber nicht, wohin mich dieser Weg führt. Liebst du denn mich oder die Vorstellung, wie alles sein könnte, wenn sich diese Krankheit bessern würde. Du sagst, dass du glücklich wärst, aber ich kann es dir nicht glauben. Wir sitzen gemeinsam auf einem Boot, das ständig kippen könnte. Wer ist den gern, permanent diesen Gedanken ausgesetzt? Wir können nicht einplanen, dass wir in einer Woche, diese Insel erreichen, denn ein Fluch lastet auf mir. Der Sturm verfolgt mich, ich komme nicht weg von ihm, er wird uns immer begleiten. Er wird die Wellen in Unruhe versetzen und wir werden jede davon in unseren kleinen Boot spüren. Er wird kommen und uns um werfen. Jedesmal müssten wir von neuem versuchen, dieses Boot wieder um zu drehen. Wenn man jemanden liebt, dann kann man ihm ja so etwas nicht antun, oder? Oft würde ich am liebsten ins Wasser springen, um den Sturm abzulenken, dass du sicher ans Ziel kommst, aber ich will ja nicht ohne dich sein. Ich liebe dich doch so sehr. Man sagt, liebe heißt, Opfer bringen. Müsste ich dieses Opfer bringen? Würde es dir besser gehen? Habe ich diese Liebe verdient? Ich spüre, wie sich der Riss in meinen Herzen weitet und eine Leere in den Raum kommt. Sie legt sich zu mir und hat mich fest im Griff. Ich wehre mich aber nicht dagegen, denn die Leere ist um einiges angenehmer als mich diesen schmerzhaften Fragen und Gefühlen ans Messer zu liefern. Bis das nächste Gespräch in Richtung Zukunft auf der Tagesordnung steht und wieder werde ich dir nicht sagen können, wo unser kleines Boot ankommt. Es tut mir leid, einfach so leid.
© Ghost 2021-03-14