Ich geh´ nicht gern auf Berge

Mo Bundt

von Mo Bundt

Story

Aber was macht man nicht alles der Liebe wegen. Also auf nach Borneo, auf den Mount Kinabalu. Wir starten im Kota Kinabalu Park auf 2.500 Meter Höhe, zahlen Gebühren für Aufstieg, Übernachtung und den Sherpa. Und ich versichere mit starrer Miene, dass ich Bergerfahrung mitbringe.

Der Aufstieg beginnt mitten im tropischen Urwald. Es ist heiß und feucht, um uns Vogelgekreisch, tellergroße lila Orchideen-Blüten und Schlingpflanzen.

Hinauf geht es über Tausende Stufen – tiefe, flache, hohe Stufen. Schweigend setzen wir Schritt um Schritt, der Sherpa trägt den Rucksack. Dann liegt das Grün hinter uns, der Weg wird steil und steinig.

Endlich der Anblick des Berg-Resorts. Wie ein gemauerter Adlerhorst hängt es auf 3.300 Meter im hoch aufragenden Felsen, erreichbar nur mit Hubschrauber.

Die Beine sind müde und schmerzen, erschöpft öffnen wir nach fünf Stunden Aufstieg die Tür ins Resort.

Schihütten-Atmosphäre, Lärm und Gelächter erwarten uns. Zwei einheimische Schönheiten in schmalen Seidenkleidern servieren köstliche Reisgerichte und Bier. Schon am frühen Abend suchen wir unsere Vierer-Zelle auf, darin nur Platz für zwei Stockbetten und zwei Rucksäcke.

Um zwei Uhr lautes Klopfen! Man serviert heißen Tee und zwei graue Brotscheiben. Jetzt übernimmt unser Guide das Kommando, treibt uns in die schwarze Nacht, zeigt mit seiner Taschenlampe den Weg. Um sechs Uhr sollen wir pünktlich zum Sonnenaufgang am Gipfel stehen!

Unsere Stirnlampen bieten zitterndes Licht und nun geht´s hinauf. Mit langen Leitern, steil an Felsen angelehnt. Mit dicken weißen Seilen, die über hohe Felsbuckel herabhängen. Griff um Griff hantle ich mich – mit Handschuhen – daran hinauf. Langsam dämmert es. Wieder Leitern und Seile, ich zwänge mich durch Felsen und höre plötzlich Stimmen von oben, vom Gipfel. Geschafft!

Umarmung, Stolz, ein Foto vorm Gipfelkreuz auf 4.101 Meter Höhe! Die Sonne ist aufgegangen, rundum ein atemberaubender Blick über die Gipfellandschaft von Borneo.

Und nun der Abstieg. Ungläubig blicke ich in die Tiefe: „Hier bin ich heraufgestiegen?“ Bei Licht zeigen sich die Leitern, die Seile, die Felsen als beängstigende Herausforderung. Klug versage ich mir den erschreckenden Blick nach unten. Ich weiß nur eins – ich muss es schaffen! Endlich erreichen wir das Bergresort. Dort warten Lärm, strahlende Gesichter, ein spätes Frühstück.

Die größte Mühsal, der Abstieg auf 2.500 Meter, steht uns erst bevor. Hinunter geht es wieder über Tausende Stufen, hinter uns hüpft leichtfüßig der Guide.

Mit schmerzenden Muskeln und Zehen landen wir im Base Camp. Stolz übernehmen wir ein Zertifikat mit Namen und Datum – das bei mir noch heute im WC hängt – und unser Guide freut sich über ein gutes Trinkgeld.

Was für ein Erlebnis – ich war tatsächlich auf einem Viertausender! Und bin mir nun ganz sicher: Liebe hin oder her – ich geh´ nicht gern auf Berge!

© Mo Bundt 2020-03-29

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