Zwei typische Fragen hört man ein Läuferleben lang immer wieder:
Wovor läufst du weg?
Woran denkst du, wenn du so lange alleine läufst?
Dazu möchte ich hier meine Sichtweise ein für alle Mal klarstellen – und auch, dass alle anderen Läufer diese Fragen ähnlich oder auch komplett anders beantworten würden. Immerhin ist jeder Mensch (sowie auch jeder Läufer) anders…
Zur ersten Frage: Ich laufe nicht weg, ich genieße! Ich laufe, weil es mich ablenkt. Ich laufe, weil ich so meine Alltagsverspannungen loswerde. Ich laufe, weil ich während dieser Zeit keinem irgendwelche Fragen beantworten muss – und während ich das schreibe, bemerke ich, dass das wohl doch unter Weglaufen fällt… Aber ich laufe vor allem, weil ich dabei die Freiheit genieße. Ich kann entscheiden, wie weit und wohin der Lauf mich führt. Ich kann spontan die Route ändern und bin ganz auf mich und meinen Körper gestellt. Ich kann die Umgebung und den Ausblick genießen, ebenso wie die Natur, die frische Luft und die Variationen von Himmel, Wolken und Sonne. Ich kann die Wärme der Sonnenstrahlen auf meiner Haut spüren, das Kühle Nass von Regentropfen an mir abperlen lassen. Ich laufe, um mich selbst voll und ganz zu spüren, das Leben und die Umgebung zu genießen und Neues zu erkunden, im Sinne von neuen Wegen und auch im Sinne von eigenen Grenzen zu verschieben.
Zur zweiten Frage: Ich denke nicht, ich meditiere! Meditieren heißt nicht nur an nichts zu denken, sondern auch, die Gedanken kommen und ziehen lassen, wie sie gerade auftauchen. Viele Gedanken, Ideen und Überlegungen ziehen durch meinen Kopf, wenn ich laufe. Doch meist weiß ich nach dem Lauf gar nicht mehr, was da alles durchgezogen ist. Die Kunst des Laufmeditierens besteht darin, sich nicht in die Gedanken hineinzusteigern oder sich zu ärgern, wenn unerwünschte oder unliebsame Überlegungen auftauchen. Einfach alles annehmen, was kommt und auch wieder gehen lassen. Atmen – um die Gedanken befreien und um weiterlaufen zu können. Ankommen im Hier und Jetzt, abschalten und eins sein mit sich selbst – das ist MIR das Wichtigste am Laufen… Und genau darüber denke ich somit nach!
© Marietta J. Atzmüller 2021-04-07