Ich liebe dich

Luna Winkler

von Luna Winkler

Story

Als ich dir so gegenüberstehe, entwischt mir ein Lächeln. Kein starkes, abnormal verspanntes, kein heftig-euphorisch grinsend verkanntes, keins mit übernatürlichem Charme oder sonst wertvollen Attributen – aber ein Lächeln, das mir entgegenschlägt und zeigt, es ist eins dieser freudig-nettgemeint-guten.

Ich streiche mir Haarsträhnen aus der Stirn, du tust es mir gleich, erwiderst mein Lächeln, still heimlich, leis beginnst du deine Stimmbänder zu spannen, flüsterst mir entgegen, still, heimlich, wenn nicht sogar ein wenig verschämt und verlegen, ich sei doch ganz in Ordnung, so wie ich sehe.

Meine Hand hebt sich, berührt zaghaft die Scheibe, das bisschen Glas, das uns trennt, uns beide, du tust es auch, in derselben Sekunde, und unsere Hände berühren sich, spiegelverkehrt und im Grunde, lächeln wir uns an, verspielt und vertraut, ehe man uns den Rückzug erlaubt, ich meine Finger spreize, dir durch die Haare fahre, dir dabei zusehe, wie du selbiges tust, spürst, dass es richtig ist, wichtig ist, was du da tust.

Ich lasse das kühle Wasser über meine Handgelenke fließen, sehe dabei in deine doch ganz recht hübschen Augen, beäuge deine kleinen Mackel, die einst Wunden waren, heute nur noch Narben, belächel sie, ebenso wie die Art, mir einst darüber Gedanken zu machen, warum sie da waren, um zu verstehen, sie gehören sich genau da hin, da oben zwischen Brauen, da zwischen den Augen, unterhalb dieser und am Kinn, genau da und sonst nirgends gehören sie sich hin.

Ich grinse ein wenig, blinzel dir zu, du zwinkerst zurück und ich weiß, es ist abstrus, doch irgendwie beginnt mir das, was ich sehe zu gefallen, trotz Wunden, Narben, den uralten, und der neuen, den Makeln, den Mängeln und den Augenringen, den Pickelchen, den Fältchen und den Grübchen, den Muttermalen und den Sommersprossen. Trotz alledem fühlt es sich richtig an, sie zu sehen, da auf meiner Haut, meinem Körper, wo sie leben.

„Was machst du denn da?”, ertönt es unweit von meinen Ohren, ich sehe dich im Türrahmen stehen, lächelnd und ich beginne dabei selbst zu grinsen.

“Nichts nichts.“

„Aber du grinst doch so.“

“Wie denn?”

„So verliebt.“ Und als du mich von hinten umarmst, ich mir die Hände abtrockne und die Augen unsere Spiegelbilder die unseren streifen, meine ich leise:

„Ich liebe dich.“

© Luna Winkler 2023-03-16

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