von Päter_Runkverr
Zu meinem 18. Geburtstag verkündete ich stolz und voller Freude meinen Eltern, dass ich ausziehen werde. Die Hausverwaltung hatte mir den Schlüssel bereits ausgehändigt und mir erlaubt schon mit den Übersiedlungsarbeiten zu beginnen.
All die Jahre in denen ich die berühmten Sätze hörte wie: „Wenn du einmal deine eigene Wohnung hast, kannst du machen was du willst, aber solange du bei uns wohnst, spielen wir nach unseren Regeln.“ fielen mir ein und, dass jetzt endlich der Zeitpunkt gekommen war an dem ich das tun konnte. Tun was ich wollte.
Ich hatte damit gerechnet, dass diese Nachricht bei meinen Eltern ähnliche Freudenstürme auslösen würde wie bei mir und offiziell tat es das auch, aber irgendwie nicht so ungebremst wie ich es erwartet hatte. Einerseits schien Stolz, andererseits aber auch ein bisschen Wehmut mitzuschwingen. „Sollen wir etwas beisteuern? Einen Kühlschrank? Eine Waschmaschine?“ „NEIN!“ sagte ich trotzig, denn ich hatte ja in den eineinhalb Jahren die ich bereits als Lehrling arbeitete, extra etwas zusammengespart um von niemandem abhängig sein zu müssen. Damit ging sich eine Waschmaschine, ein Kühlschrank und ein Staubsauger aus und von meiner Kinderzimmereinrichtung hatte ich noch ein Bett, einen Schreibtisch und einen Kleiderschrank.
Als all dies mit meinen Eltern gemeinsam übersiedelt war und unaufgebaut in meinem 35 m² Reich herumkugelte, war ich zum ersten Mal offiziell allein in meinen eigenen vier Wänden. Somit setzte ich die Prioritäten richtig und baute einmal meinen Gitarrenverstärker auf um zu überprüfen ob dieser noch immer funktionierte, anschließend meine Stereoanlage, mit der ich den aktuellen Umstand mit „We are the Champions“ in voller Lautstärke feierte. Dadurch lernte ich auch gleich meine Nachbarn kennen. Ein unfassbar liebenswertes, älteres Ehepaar: „Guten Tag junger Mann. Wir wollten uns nur kurz vorstellen und lassen Sie gleich wieder in Ruhe. Ihre Stereoanlage funktioniert bereits, aber „We are the Champions“ kennen wir schon. Spielen Sie ruhig auch was von ihren Sachen. Wir wollen trotz unseres Alters ja auch noch was dazulernen.“ zwinkerten mich freundlich an und schenkten mir zum Einstand eine Tafel Milka Ganznuss. Die weiteren Einstandsgeschenke waren sechs Biergläser, sechs Teller, ein Spaghettireindl, ein Soßenreindl und eine Filterkaffeemaschine.
Nachdem die Aufbauarbeiten und der erste Essenseinkauf für mein neues Zuhause erledigt war, kochte ich mir die ersten Spaghetti in der neuen Wohnung. Mit dem gut gefüllten Teller, ging ich von der Küche ins Wohn/Schlaf/Büro-Zimmer und stellte fest, dass wirklich alles da war, außer einem Tisch und Sesseln. Ich grinste rebellisch, setzte mich mit meinem Spaghettiteller in die Duschtasse, stellte mein Wasserglas auf die Duschgelhalterung, füllte das Glas mit dem Duschkopf nach und ließ den leeren Teller in der Duschtasse stehen. Es gab nicht viele Momente in meinem Leben in denen ich glücklicher war.
© Päter_Runkverr 2019-10-14