Kapitel 1: Das fremde Haus

Ryhane Nuri

von Ryhane Nuri

Story

Ich schlug die Augen auf und starrte auf eine fremde Decke. Für einen Moment glaubte ich, noch zu träumen, doch die Panik in meiner Brust fühlte sich erschreckend echt an. Wo bin ich? War das Erste, woran ich dachte.

Ich schaute mich im halbdunklen Schlafzimmer um, das völlig anders war als meines. Links entdeckte ich ein Mädchen ungefähr in meinem Alter, das auf dem Bett gegenüber schlief.

Schweiß perlte auf meiner Stirn und meinem Rücken, Hitze durchflutete mich. Ein Wirbelsturm tobte in mir, während unzählige Fragen meinen Kopf überschwemmten. Wo war ich nur?

Automatisch tastete ich nach meinem Handy auf dem Nachttisch, doch es war nicht da. Was sollte ich jetzt tun?

Auf einem Wandregal zeigte ein Wecker leuchtend 06:15. Ein zarter Lichtschein drang durch das kleine Fenster und kündigte den Morgen an.

Ich stieg aus dem fremden Bett und überquerte schleichend den kleinen Abstand zwischen dem Mädchen und mir. Ein paar Strähnen verdeckten ihr Gesicht, sodass ich es nicht ganz erkennen konnte.

Langsam verlor ich die Geduld und schüttelte sie hektisch. „Hey“, flüsterte ich.

Sie wurde sofort wach und setzte sich schläfrig auf. Während sie ihre Haare aus dem Gesicht strich und anfing, sich die Augen zu reiben, sagte sie leise: „Ne var?“ (Was gibt’s?)

„Was mache ich hier? Wer bist du?“ fragte ich.

Sie jammerte: „Nein bitte nicht schon wieder, Hayal. Hast du wieder etwas geträumt?“

Hayal? Was meint sie damit?

Ich beugte mich näher zu ihr und sagte etwas lauter: „Sag es mir jetzt, oder ich rufe die Polizei. Wer seid ihr?“

Hastig sprang sie aus dem Bett und hielt mir überraschend die Hände vor den Mund. Verzweifelt versuchte ich zu sprechen und mich loszureißen, doch ihr Griff war fest. „Hey! Ssshhh, Gerizekalı (Idiot)! Du weckst gleich die Eltern auf,“ flüsterte sie eindringlich. Dann ließ sie endlich los.

Wir standen beide mitten im Zimmer und starrten uns mit weit aufgerissenen Augen an. Vor mir hing ein Spiegel an der Wand. Doch das, was mich daraus ansah, war nicht ich.

Ein dunkelblondes Mädchen mit glühend blauen Augen und weißer Haut starrte mir entgegen.

Was zum …

In diesem Moment ging die Tür auf, und zwei weitere fremde Personen, die ich für ihre Eltern hielt, traten herein.

Ich fuhr keuchend in meinem Bett hoch. Dieses Mal war ich wieder in meinem eigenen Zimmer. Erleichtert atmete ich auf. Es war nur ein Traum gewesen.

© Ryhane Nuri 2025-01-08

Genres
Romane & Erzählungen