von Jakob Hysek
Leises Murmeln aus dem Schlafzimmer holt mich aus meinen Träumen. Erstmal AWW – BIG STRETCH. Herabschauender Hund nennt er das oder „Downward-facing-dog“, wenn er sich als fancy Yogi fühlt. Er soll das lieber selbst machen, dann hätte er weniger Kreuzschmerzen, ich hab ja auch keine. Noch die Hinterbeine strecken und ab ins Schlafzimmer, zuerst ihr das Gesicht waschen und süß, doch gleichzeitig ungeduldig schauen. Perfekt, schon stehen sie auf. „This was your first task accomplished.“, würde Admiral „Make your bed every morning“ McRaven jetzt in strengem, aber wohlwollendem Ton sagen.
Los gehts auf das erste Highlight des Tages: Ich liebe die Morgenrunde. Man weiß nie, wo es hingeht und welche Spuren man findet. Am besten ist es in der Au, da gibt es Mäuse, Enten, Marder, Füchse und das ein oder andere Rehlein. Vielleicht krieg is sie heute … Vor mir flattert etwas über die Wiese, schnell hinterher gesprungen erschnüffle ich, dass es nur ein Ahornblatt war, dass vom Windstoß eines vorbeifahrenden LKWs aufgewirbelt wurde. Da habt ihr meine erste Lebenslektion. Sie ist ähnlich wie die Pralinenschachtel in Forrest Gump, bei der man nie weiß, was man kriegt. Deshalb:
„Attack everything with 100% excitement.“
Es könnte etwas super interessantes oder essbares sein! Ohne meine Bemühungen hätte ich es nie herausgefunden! Das Leben ist zu kurz für schlechte Laune oder halbe Sachen, also volle Pulle Feuer frei! So machen Abenteuer Spaß und ich darf Hund sein. Rein ins Gebüsch, die Böschung runter und kurz im Fluss schwimmen. „Piep-piep“ ich höre einen Doppelpfiff, ab zurück zum Herrli, vielleicht gibt es Arbeit oder ihr habt es erfasst, etwas zu fressen! Hier ist auch die nächste Lebenslektion:
„Sometimes you are the dog & sometimes you are the tree.“
Das klingt jetzt vielleicht etwas komisch, aber man kann eine große, mächtige Eiche oder Kastanie sein, spendet Schatten, ist das zu Hause für Vögel und Eichhörnchen, bietet Nahrung und dann kommt auf einmal ein Hund und brunzt dir an den Stamm. Genauso wie es dann dem mächtigen Baum geht, geht es mir auch manchmal. Ich darf wild herumtollen, darf jagen gehen, aber dann muss ich wieder folgen. Das Wechselspiel von groß und stark oder zum Beispiel Chef und manchmal halt eben nicht Chef, will gelernt und akzeptiert sein.
Wie ihr schon gehört habt, erkunde ich alles und um ehrlich zu sein, nicht immer finde ich tolle Sachen. Und das ist auch schon meine letzte Lektion:
„If you can’t eat or hump it, pee on it & move on.“
Gefundenes wird inspiziert und wenn ich es weder essen noch damit spielen kann, wird darauf gepinkelt und weiter gehts. Damit meine ich nicht wörtlich, dass man immer darauf pinkeln muss, sondern eher, dass Misserfolge passieren können. Die muss man auch nicht zu ernst nehmen muss. Das Leben oder in meinem Fall der Spaziergang gehen weiter, mit – you got it – 100% EXCITEMENT!
© Jakob Hysek 2024-07-31