Luxusshopping

Valerie Vonroe

von Valerie Vonroe

Story

Die Kriechspur von Mango, Zara oder Forever 21 – das war gestern. Heute musste es etwas ganz Besonderes sein – Boutique High Fashion, fashionable in einer kleinen, verschwiegenen Seitengasse in der City. Ein Insiderplatz sozusagen, wo noch dazu heute die Präsentation einer brandneuen Kollektion aus London stattfand. Ich schlaues Wesen hatte dort zwar noch nie etwas gekauft, mich aber auf die Internetliste der ersten Stunde eingetragen und „voila“ schon war ich am Weg zur High-Society.

Ich fand mein perfektes Outfit, es schrie gerade nach mir, ein hautenges schwarz-glänzendes Kleid, unten lässig aufgebauscht, auf einer Seite länger mit Fransen besetzt. Dazu Boots mit tausend Nieten, ja viele halt. Eine weich fallende Jacke mit ĂĽbergroĂźen Puffärmel, die ihren Namen wirklich verdienten, unterlegt mit Silberlamee. Und als Draufgabe – nomen est omen – einen Hut, besetzt mit einem Nietenband und einem Engelsrufer. In Summe gesprochen machte dieses Traumoutfit 1495,- Euro aus. ja aber die vielen neuen Kombinationsmöglichkeiten mit meinen vorhandenen Sachen… Ich bewegte mich Richtung Kassa. Ja geschenkt geht halt doch nicht. AuĂźer du bist ein echter Promi und trägst die Klamotten als Werbung, leider gehörte ich (noch) nicht dazu. Die Verkäuferin, oder ich weiĂź nicht, wie werden eigentlich Menschen benannt, die hier „arbeiten“? Also sie verfrachtete meine Errungenschaften in Seidenpapier eingepackt versteht sich, in eine passende Designerbag. Als Give-away gab es noch einen Piccolo-Rosechampagner und ein Engelsruferarmband. Was fĂĽr ein Tag!

Ich zückte meine Kreditkarte und SIE zog sie durch, mit einem Blick – wie wenn es kein Morgen gäbe, also Geld nur eine rein virtuelle, fiktive Sache ist – die mit diesem lässigen Leben eigentlich nichts zu tun hatte. Deine Karte ist abgelehnt, ich muss sie einziehen. Wie mit einer Teleskophand hievte sie die Designerbag mit meinen Sachen wieder auf ihre Seite zurück. Ich krächzte den Satz aller Sätze: Das muss ein Irrtum sein… sie sagte gar nichts mehr, ihr Blick sagte mehr als tausend Wort – und mit ihren spitz geformten Gelnägelfingerchen, die ein Totenkopf zierte hielt sie meine Kreditkarte fest.

Schweissgebadet zückte ich mein Handy, mir war völlig bewusst, dass meine Kreditkarte in der fernen Zukunft agierte, jenseits aller heutigen finanziellen Möglichkeiten, sie war mir praktisch immer schon viele Schritte voraus. Aber genau das war doch auch der Sinn einer solchen Karte, Kredit bedeutet jetzt Haben wollen und später zahlen – ich nahm diesen Grundsatz sehr ernst.

In der Telefonwarteschleife angekommen…wurde mir mitgeteilt, dass mein Rahmen leider erschöpft sei…bedingt durch den Einkauf eines Fernsehers in Venedig um 3578,- Euro. Ich hätte nicht gedacht, dass es einen so teuren Fernseher ĂĽberhaupt gibt und Venedig ist ja wohl der unpassendste Ort fĂĽr so einen Einkauf. Nein, ich war gestern nicht in Venedig… und sicher hätte ich keinen Fernseher gekauft.

© Valerie Vonroe 2020-10-01

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