„Möchte jemand eine zweite Tasse Kaffee?“ Da unser Besuch verneinte, machte ich mich daran, das Geschirr vom Mittagessen in die Spülmaschine zu räumen. Plötzlich ein Brennen im Fuß und ein Scheppern von Metall auf dem Küchenboden – das Fleischmesser hatte einen Schnitt in der Socke hinterlassen, der sich bereits rot färbte.
Ich humpelte ins Bad und wollte ein Pflaster auf die Wunde kleben, aber das klappte nicht und als sich bereits eine kleine Pfütze aus Blut bildete, rief ich meinen Mann zu Hilfe. Er legte mir einen kleinen Druckverband an und weil ich die große Zehe nicht mehr bewegen konnte, packte er mich ins Auto und fuhr mich ins Krankenhaus. Die Tetanusspritze verweigerte ich, was der Arzt mit den Worten kommentierte: „Um Gottes Willen, eine Impfgegnerin!“ Als ich dann auch noch angab, dass ich die Wunde mit Arnikaschnaps desinfiziert hatte, schüttelte er nur mehr entnervt den Kopf. Aber was solls, ich habe große Achtung vor der Schulmedizin, besonders im Bereich der Intensivmedizin, aber ich schwöre auch auf meine Globuli und Pflanzentinkturen und auf Reiki.
Es stellte sich heraus, dass beide Großzehenstrecksehnen gekappt waren, also nichts mit ambulanter Behandlung, ich bekam einen „Kreuzstich“ und wurde gleich operiert.
Nun lag ich also mit einem Spaltgips in meinem Zimmer.
Das Schispringen am 6. Jänner, das ich zum ersten Mal live anschauen wollte, sah ich auf meinem Minimonitor im Krankenzimmer. Am nächsten Tag bekam ich einen Gehgips und wurde entlassen.
Nun humpelte ich eine gute Woche auf Krücken durch die Wohnung, weil ich den Fuß nicht voll belasten durfte.
Die meiste Zeit lag ich auf der Couch. Sehnsüchtig schaute ich durch die Balkontür auf das sonnenbeschienene Tennengebirge. Andererseits gibt es schlimmere Schicksale, als vor dem Fernseher zu liegen und bedient zu werden. Ein Wermutstropfen ist die tägliche Thrombosespritze. Da ich ein „Hendl“ bin und keine Spritze sehen kann, kommt meine Schwiegermutter jeden Tag zu mir und macht das. Mittlerweile reiht sich auf meinem Bauch schon Pünktchen an Pünktchen in den Farben Lila bis Grün. Wenn ich mir das ansehe, denke ich, eigentlich hätte ich mir den Orion, den großen Wagen, das Siebengestirn… „tätowieren“ lassen können, dann hätte die Sache mehr Stil.
Nun liegen noch gute 3 Wochen Gips vor mir. Ich bin über das Fernsehprogramm des ganzen Tages informiert, habe Socken und Zehenwärmer gestrickt, Sudoku gelöst, gelesen und meine Zehen, die ich jetzt alle wieder bewegen kann, mit Kasperlfiguren aus Papier verziert.
Ein Freund aus der Schulzeit machte mich auf story one aufmerksam, jetzt lese ich mit Vergnügen Kurzgeschichten der verschiedensten Autoren – und schließlich machte ich mich daran, auch selbst eine Geschichte zu schreiben 😊.
© Christine Salchegger 2020-01-24