Melancholie im September

Story

Sommer 1964. Mandy und die Bambis. 2 Nr.1 Hits in den Charts. Im KĂ€rnten der 60er Jahre war Mandy omniprĂ€sent. Ein frĂŒher Gabalier. Er brach die Herzen der stolzesten Frau’n. In der Tenne in Pörtschach am Wörthersee. Ich war nicht dabei. Ich war noch nicht stolz genug. Erst 14, hatte auch kein Mandy. Aber die BAMBIS!? – wie kam es nur zu solchen Entgleisungen, namentlich (!), im Schlagerbereich? Wir haben uns nichts dabei gedacht. Wahrscheinlich waren wir nur froh, dass der Krieg vorbei war.

Ich hatte nur Radio. Ohne Radio Luxemburg hĂ€tte ich diese Jahre nicht ĂŒberlebt, und ohne Ö3 die Matura nicht geschafft. Zum Leidwesen der Eltern. Wir hatten ja nicht so viele Zimmerfluchten damals. Arm war besonders mein Bruder. Vielleicht hört er deshalb nur Cecilia Bartoli und Counter Tenöre, ab 6h frĂŒh, auf (meinen) nĂŒchternen Magen. SpĂ€te effektive Rache. Wir wohnen zusammen.

Bei mir und meiner „dicksten“ Volksschulfreundin begann die Melancholie allerdings schon Mitte August. Sie war eine Bauerntochter. Der Vater hatte viele große Felder, die viel Arbeit brachten und wenig Ertrag. Da kamen die Touristen und eroberten mit ihren Zelten die sauren Wiesen am See. Alle Bauern erkannten diese Jahrhundertchance. So entstand bald ein riesiger Campingplatz mit einem Adeg-GeschĂ€ft. Dort verdienten wir zwei uns im Sommer ein bisschen Trantschlgeld.

Nebenan war das große Feld mit Tausenden „Roten Falken“. Wir sahen und hörten sie, Volleyball, Lagerfeuer, Gitarrenspiel, Romantik pur. Unerreichbar fĂŒr uns. Aber sie kamen zum Adeg Wurschtsemmeln und Cola kaufen. Da kamen wir dann doch ins Spiel und bekamen glĂ€nzende Augen, je nachdem, wie die Burschen aussahen. Und wir mussten nach dem Äußeren gehen, die inneren Werte blieben uns hinter der Budl verborgen.

Je nach diesem Ă€ußeren Wert richtete sich auch die Dicke der Wurstschicht. Von der konnte man so einiges ablesen. Da glĂ€nzten dann auch die Augen vor der Budl. Und ich bekam oft so oben links herum ein Ziehen, das immer stĂ€rker wurden, je nĂ€her die Iden des Augustus rĂŒckten. Zu allem Überfluss fing es dann immer auch verlĂ€sslich in Strömen an zu regnen. Tagelang alles wolkenverhangen, kalt und uneeendlich traurig.

Die Zelte wurden tÀglich weniger. Die Wurstsemmeln wurden tÀglich dicker. Meine Augen immer sch(w)immernder. Bis zum Tag der Abreise, wenn dann meistens Starkregen einsetzte, und damit meine Traurigkeit hinter der Regenwand verschwinden konnte.

Und eines Tages waren sie alle weg!!! Wir wussten keine Namen, keine Handynummern, keine Adressen
Grausam dieses namenlose UnglĂŒck! Ich wusste nur: Den sehe ich NIE WIEDER! Nur der Mandy hat mich damals so richtig verstanden:

Arrivederci, war dein letztes Wort, arrivederci, und dann gingst du fort. Wann kommst du wiedÀr, hab ich dich gefragt. Und deinÀ TrÀne hat mir alles gesagt. Me-lan-cho-lieee , im SeptembÀr, das ist alles! Was mir blieb!! Von dir!!!

Mandy mag ich eben. Nur die Bambis…ich seh da immer singende Bambis vor mir!

© 2019-09-26

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