Mostschädl

Eines meiner Lieblingsschimpfwörter war immer Mostschädl. In Tirol sagt man das zu den Oberösterreichern, unter den Oberösterreichern sagt man es zu den Innviertlern, und so weiter. Umgangssprachlich kommt das dem Wort Sturkopf am nächsten.

in meiner Zeit in Oberösterreich gehörte der Most auch sehr stark zu meinen Trinkgewohnheiten. Am liebsten war mir der reine Birnenmost.

Sonst konnte ich mit Birnen nie viel anfangen. Ich finde die Form ansprechend. Zudem stellt sie die damalige Weltansicht von Christopher Columbus dar. (Ja er dachte wirklich die Welt sei eine Birne und wenn er ganz im Norden rumsegelt ist er schneller in Indien – der Mostschädl)

Zum Essen finde ich sie etwas schwierig, da sie wenn zu saftig sehr stark tropfen und wenn zu bissfest man sich das Zahnfleisch fast von den Zähnen abschabt.

Ich saß da immer gerne in einer Runde in Altmünster zusammen, wir waren so gesagt die „most-wanted“ eines jeden Wirtes. Tranken gepflogen unseren vergorenen Birnensaft und es war immer einer in der Runde dabei, auf den das Wort Mostschädl sehr gut zutraf.

Wenn man es nicht so gemacht hat, wie er will, dann kam nichts zustande. Gleichzeitig pflegte er die Angewohnheit seine Geschichten mit jeder Wiedererzählung noch etwas mehr auszuschmücken. So hatte sich ein Bekannter beim letzten Mal noch den Finger gebrochen und beim bei der nächsten Erzählung war es die ganze Hand. Wies man ihn darauf hin, unterstrich er seine Aussagen nur mit noch umschweifenderen Gestiken.

Wenn ich eines durch ihn gelernt habe, dann wie wichtig es ist Geschichten zu erzählen, sodass man mit der Zeit lernt, Schlechte oder Gelogene zu erkennen aber auch mal seine Meinung ändert, wenn man überzeugt genug von der erdachten Geschichte ist.

Es war ja nicht so, dass es bei ihm im Vorhinein schon offensichtlich war, dass seine Geschichten keine Hand und Fuß hatten, vielmehr baute er diese sehr gut auf und fütterte sie mit ein paar echten Informationen, dass sie schon gut glaubhaft waren.

Er wusste, dass eine gute Geschichte viel mit Most gemeinsam hatte – von klarer Farbe und ohne Trübungen; einen fruchtigen Geruch und leicht prickelnd. Ganz wie der Verband der Mostbauern festgelegt hat in vier Geschmacksrichtungen: mild, halbmild, kräftig und resch.

Bei dem Wahrheitsgehalt seiner Geschichten verhielt es sich wie im Prozentsatz von Birnen zu Äpfeln. 2019 wurden ca. 184.000 t Äpfel und gerade mal 6.000 t Birnen geerntet – als Faktor 1:30

Einmal, nach genug Birnenobstsaft ließ er mich glauben, er sei adoptiert und sein echter Vater Spanier und in einem Monat fliege er zu ihm, ob ich nicht mitkommen will. Es schien ihm Ernst zu sein und ich war schon in den Reisevorbereitungen, aber als ich dann nach dem Flugdatum fragte, kam nichts mehr zurück. Er hat sich nicht mehr bei mir gemeldet – der Mostschädl.