von Elisabeth Nigro
Ich bin als Kind bei meiner Sophie Oma aufgewachsen. Die beste Entscheidung und die traf nicht mal ich, sondern meine Mama. Sie war damals, in den 70gern Kindergartentante und musste schnell wieder arbeiten um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Und ich dürfte bei Oma bleiben. Wunderbar sag ich Ihnen. Sie war mein Ein und Alles. Ich lernte von ihr so unendlich viele Dinge und sie machte mich zum Teil dessen wie ich heute bin. Ich fand mich ihn ihren Armen immer so geborgen und angekommen. Ich liebte ihr riesengroßes Bett mit den voluminösen, aufplusternden Federbetten und die im Wind flatternden weißen Vorhänge. Ihre Teemischung aus Hagebutten und Pfefferminze, ihre Mehlspeisen und später auch ihren selbst gemachten Eierlikör. Auch erinnere ich mich noch an ihre Hollywood-Schaukel. In der saßen wir immer und lösten Kreuzworträtsel oder legten Patience. Ich war damals überglücklich und unbeschwert. Meine Oma war meine Heldin, meine Superwoman. Ich vergötterte sie!
Doch wie das Leben so spielt, wuchs ich heran und ging meinen eigenen Weg. Ich zog von Niederösterreich nach Salzburg. Von Salzburg nach Italien und von dort wieder retour. In meinem Leben war plötzlich anscheinend kein Platz mehr für meine geliebte Oma. Und es kam wie es kommen musste und sie verstarb. Für mich brach eine Welt zusammen und ich überhäufte mich mit Schuldzuweisungen. Ihr Begräbnis war der bisher schwierigste Gang für mich. Ich erinnere mich noch heute daran. An diese Leere, diese Zerrissenheit (soll ich ihr nachkommen oder auf dieser Welt verweilen?), diese unerträgliche Stille, diese unbeantworteten Fragen, Warum? Warum? Warum?….
Doch drei Tage nach ihrem Begräbnis bekam ich plötzlich Antworten. Sie fragen sich sicher: “ Wie?“ Ich erzähl es Ihnen gerne. Ich ging, wie in dieser schwierigen Zeit, recht früh zu Bett und starrte die Zimmerdecke an. Danach schlief ich, zu meiner Verwunderung, recht rasch ein. Und ich hatte einen ganz besonderen Traum. Ich wollte mir gerade ein verwöhnendes Schaumbad gönnen, da rief mich meine Mutter und sagte: „Du, die Oma ist am Telefon!“. Sogleich ließ ich alles liegen und stehen und rannte mit riesen Schritten ins Vorhaus. Damals gab´s nur Festnetz. Ich freute mich sehr sie zu hören, und da es ja ein Traum war, erfreute sie sich bester Gesundheit. Während sie so mit mir redete, setzte ich mich im Bett auf und spürte sie ganz nah an meiner Bettkante sitzen. Wie aus dem Nichts war sie erschienen und streichelte meinen Handrücken. Es war so ein vertrautes, hoffnungsvolles Gefühl und ich wollte sie nie mehr loslassen. So verbrachte meine geliebte Oma einige Zeit an meinem Bett und gab mir die Antworten auf meine quälenden Fragen. Und alles war gut! Und als sie dieses mal ging hinterließ sie pure Liebe und Frieden.
Ich kann das nicht erklären und will es auch nicht. Doch jedes mal wenn ein weißer, dünner Vorhang im Wind flattert, weiß ich das meine Sophie Oma nach dem Rechten schaut und mir meinen Handrücken streichelt.
© Elisabeth Nigro 2020-08-04