Omas und Leckerlis

Alia-Marie Sicher

von Alia-Marie Sicher

Story

In meinem Leben gab es viele Menschen, die ich gern besucht habe, aber zwei waren fĂĽr mich ganz besonders: meine beiden Omas.
Alia und Noah nannten beide einfach nur „Oma“. Für mich aber hatte jede ihren ganz eigenen Platz in meinem Herzen.

Die eine Oma hatte weiße Haare und kam oft zu uns nach Hause. Und wisst ihr, was das Schönste war? Sie brachte jedes Mal ein Leckerli mit – ganz egal, wie alt ich schon war. Schon wenn ich ihr Auto hörte, rannte ich freudig zur Tür, mein Schwanz wedelte wie verrückt, und ich konnte es kaum erwarten, dass sie hereinkam. Sie sagte immer, sie könne nicht ohne Leckerli auftauchen, sonst würde sie sich schlecht fühlen. Für mich war das natürlich perfekt. Aber auch wenn sie einmal nichts dabeigehabt hätte – ich hätte mich genauso gefreut, sie zu sehen. Bei ihr fühlte ich mich immer besonders. Ich durfte machen, was ich wollte, und manchmal hatte ich sogar das Gefühl, bei ihr der Chef zu sein. Sogar zu Weihnachten lag immer ein kleines Geschenk für mich unter dem Baum.

Die andere Oma besuchten wir oft gemeinsam. Schon wenn wir in ihre Straße einbogen, wusste ich genau, wohin wir unterwegs waren, und meine Freude war riesig. Kaum angekommen, begrüßte sie mich herzlich – und fast immer war ihre erste Frage: „Darf ich dem Aron ein Leckerli geben?“ Ich fand das sehr rücksichtsvoll, aber eigentlich hätte sie gar nicht fragen müssen – ich war ja sowieso dafür. Besonders in jener Zeit, als ich angeblich auf Diät war, war diese Frage für mich wie Musik in meinen Ohren. Zu viel Essen? Das gibt es für mich nicht. Essen ist einfach zu gut.

Bei meinen Omas fühlte ich mich immer besonders geborgen. Schon wenn ich ihre Stimmen hörte oder den vertrauten Geruch ihrer Wohnungen in der Nase hatte, wusste ich: Hier wartet wieder ein Stückchen Glück – und Futter – auf mich. Dort gab es nicht nur viele Leckerlis und volle Schüsseln, sondern auch unzählige Streicheleinheiten, liebevolle Worte und dieses warme Gefühl, willkommen zu sein. Für meine Omas war ich nicht einfach nur ein Hund – ich war ein richtiges Familienmitglied, fast wie ein Enkelkind.

Die Besuche bei ihnen waren für mich immer ein Highlight. Ich durfte auf meinem Lieblingsplatz liegen, bekam kleine Extras zwischendurch und wurde oft angelächelt, als hätte ich gerade etwas ganz Besonderes geleistet, nur weil ich da war. Deshalb liebe ich meine Omas.

© Alia-Marie Sicher 2025-09-12

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Romane & Erzählungen
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Komisch
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