Ich saß an meinem Schreibtisch, umgeben von einem Chaos aus zerfledderten Notizbüchern, stumpfen Stiften und einer halb leeren Kaffeetasse, deren Inhalt längst kalt war. Ich starrte auf den leeren Bildschirm. Die Zeit schritt immer weiter voran, aber die Worte wollten einfach nicht kommen. Stattdessen knurrte mein Magen lautstark. »Vielleicht hilft ein kleiner Snack«, murmelte ich, schlurfte in die Küche, nur um mit einem Berg von Leckereien zurückzukehren: knusprige Chips, cremige Schokolade, bunte Gummibärchen – alles, was das Herz begehrte. »Nur zur Motivation«, rechtfertigte ich mich und platzierte den Vorrat strategisch neben dem Laptop.
Ich öffnete ein neues Dokument und tippte zögernd: Es war eine dunkle und stürmische Nacht. Nein, zu klischeehaft. Ich löschte den Satz und griff nach einem Gummibärchen. Eins führte zum anderen, und schon bald war die Tüte halb leer. »Okay, jetzt aber wirklich«, ermahnte ich mich und versuchte es erneut. Der Mond schien hell über der Stadt. Langweilig. Ich knabberte an einer Schokolade und überlegte weiter.
Plötzlich fiel mein Blick auf Ernest, meinen treuen Kaktus, der stumm und stachelig auf dem Schreibtisch thronte. »Was meinst du, Ernest? Brauche ich mehr Action oder mehr Emotionen?« Ernest schwieg, wie immer, aber ich bildete mir ein, dass er mich ermutigend ansah. »Hast recht, ich sollte einfach loslegen«, sagte ich und fügte scherzhaft hinzu: »Dein Schweigen ist übrigens Gold wert.«
Doch die Worte blieben weiterhin aus. Stattdessen aß ich eine Handvoll Chips. Knusprig, salzig – genau das, was ich jetzt brauchte. Oder auch nicht. Ich lehnte mich zurück, schloss die Augen und ließ den Kopf kreisen. Der Zucker und das Salz wirbelten in meinem Kopf, und plötzlich sah ich sie vor mir: Eine Armee von Gummibärchen marschierte durch mein Arbeitszimmer, angeführt von einem riesigen Schokoladenhasen. »Gib uns deine Worte!«, riefen sie schrill im Chor. Ich versuchte zu fliehen, aber meine Füße klebten am Boden – wahrscheinlich vom verschütteten Limonadenrest. Der Hase lachte böse. »Du wirst nie wieder schreiben, wenn du nicht aufhörst zu naschen!«
Ein lautes Knacken riss mich aus dem Traum. Ich hatte versehentlich auf eine Chipstüte getreten. Ernest stand unbeeindruckt da, als wolle er sagen: Konzentriere dich. Ich blinzelte und sah auf die Uhr – eine weitere Stunde war vergangen, und ich hatte nicht einen Satz geschrieben. Mein Bauch fühlte sich an wie ein praller Luftballon, und die Snacks waren fast aufgebraucht.
Ich atmete nochmal tief durch, setzte mich aufrecht hin und schob die leeren Tüten beiseite. »Okay, Ernest, jetzt wird geschrieben. Keine Ablenkungen mehr.« Ich nickte entschlossen und begann zu tippen. Die Worte kamen langsam, aber sicher – vielleicht nicht perfekt, aber immerhin. Und wenn ich das nächste Mal eine Schreibblockade hätte, würde ich mich an den Gummibärchen-Albtraum erinnern. Oder auch nicht. Wahrscheinlich holte ich mir dann doch eher wieder einen Snack.
© Kreative-Schreibwelt 2025-05-14