Tage des Schriftstellers: Die Schreibgruppe

Kreative-Schreibwelt

von Kreative-Schreibwelt

Story

Der Raum war klein, aber gemütlich: Ein Bürgerbus-Häuschen in der Altstadt, umfunktioniert zur »Kreativ-Ecke«. Ich hing meine Jacke auf, räusperte mich und schaute mich um. Sechs Stühle, ein runder Tisch, eine alte Stehlampe – und mittendrin meine Chance, nicht mehr allein gegen die Schreibblockade zu kämpfen.

»Willkommen!«, sagte Anke. Die Organisatorin strahlte in einem Blümchenkleid und reichte mir eine Tasse Kräutertee. »Ich bin Poetry-Junkie durch und durch. Wir fangen gleich mit fünf Minuten Freewriting an.« Neben mir saß Klaus, ein pensionierter Krimiautor, der so tief in düstere Morde verknallt war, dass er früher mal eine Leiche in seinem Garten versteckt haben wollte (behauptete er jedenfalls). Gegenüber: Marie, Grafikdesignerin, trug pinke Haarspitzen und ein Notizbuch wie ein Schatzkästchen. Und dann war da noch Sabrina, ehemalige Lektorin, die jeden Satz seziert, noch bevor er geschrieben war.

Ich stupste heimlich Ernest, meinen Kaktus, an, den ich in einer kleinen Blumenvase mitgebracht hatte. »Bereit für Gruppenviren und Inspirationen?« Er blieb stachelig cool.

Fünf Minuten später. Anke trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Vorlesen!«, befahl sie gutmütig. Ich schluckte, räusperte mich noch einmal und las eine Szene vor, in der ein Hamster eine revolutionäre Rede hält. Schweigen. Dann klatschte Anke begeistert. »Hamster-Politik! Genial!« Marie strahlte: »Ich sehe sofort das Coverbild.« Klaus runzelte die Stirn: »Revolutionäre Nager? Ich bleibe eher bei Leichen in der Kanalisation.« Sabrina schließlich legte den Finger an die Lippe. »Humorvoll, aber der Hamster braucht mehr Motivation – warum will er überhaupt innere Freiheit?«

Ich nickte, während Ernest mich stachelig anfunkelte. »Mehr Tiefe.« Tatsächlich: Sabrina hatte Recht. In meinem Kopf formte sich sofort der neue Antrieb des Hamsters – die Suche nach dem verlorenen Laufrad der Freiheit. 

In der Pause traf ich Max. Er saß am Café-Tresen mit einem Latte macchiato in der Hand. »Na, wie läuft’s? Schreib-Gangsta oder eher Kindergarten?« Ich grinste: »Ich glaube, Kindergarten mit Dramatik.« Er nickte: »Perfekt. Und? Schon geklaut?« Ich schüttelte den Kopf. »Eher inspiriert.«

Zurück in der Runde ließ ich die neuen Gedanken einfließen. Sabrina nickte zustimmend, Klaus grummelte: »Hamster im Knast wäre mein Ding gewesen …« Anke strahlte: »Ihr seht, so funktioniert’s: Konflikt, Motivation, Tempo!« Marie kritzelte wild Ideen für Illustrationen, und ich saß da und fühlte mich zum ersten Mal seit Wochen nicht allein.

Als wir uns verabschiedeten, nahm Anke meine Hand: »Nächste Woche wieder?« Ich lächelte, griff nach Ernest und sagte laut genug, dass es alle hörten: »Definitiv. Ich will mehr von dieser wilden Truppe – und vielleicht einen Hamsterkoffer voller Inspiration.«


© Kreative-Schreibwelt 2025-06-18

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Abenteuerlich, Herausfordernd, Komisch, Hoffnungsvoll
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