Verlängerter Urlaub 2

KSG

von KSG

Story

In meiner Erinnerung standen wir immer oben an Deck und warteten auf den ersten Moment, wenn die Insel in der Ferne zu erkennen war. In der Erinnerung lag die Insel stets im schönsten Sonnenschein.

An diesem Tag war es anders. Wir saßen unter Deck und waren die einzigen Passagiere. Dicker Küstennebel nahm jegliche Sicht. Ohne die Insel im dichten Nebel erkennen zu können, legten wir nach einer Fahrt, die mir unendlich lang vorkam im kleinen Hafen an. Ich hatte gedacht, dass unsere Ferienwohnung näher am Hafen liegen würde, doch wir liefen noch ein ganzes Stück durch das Dorf, bis wir ankamen. Es war noch nicht sehr spät, aber außer uns war niemand auf der Straße unterwegs.

Der Schlüssel für die Ferienwohnung lag unter der Fußmatte bereit. Als wir die Wohnung betraten, stellten wir fest, dass sie nur sehr schlicht eingerichtet war. Die Heizkörper waren ausgedreht, es war kühl in der Wohnung, die Blumen im Zimmer waren vertrocknet und der Fernseher hatte keinen Empfang.

Streiten wollte ich deshalb nicht. Du sicher auch nicht. Du wolltest wieder weg von der Insel und lieber unsere freien Tage auf dem Festland verbringen, noch besser irgendwo, wo es warm ist. Ich sagte, dass ich bleiben werde, dann zog ich meinen Mantel an und ging wieder nach draußen. Ich hatte gehofft, dass du mit mir kommst, dass wir einen kleinen Abendspaziergang machen und uns versöhnen. Es war kein schlimmer Streit, aber aus irgendeinem Grund fühlte ich mich verletzt. Nichts war nicht wie früher.

Jetzt laufe ich zum Meer. Ein schmaler, sich windender Weg führt durch die Dünen. Es ist kühl, ich ziehe die Kapuze über den Kopf. Sand wirbelt vor meinen Füßen umher. Der Wind ist laut, wechselt die Richtung, schiebt mich und bremst mich. Es ist bereits dunkel, doch ich sehe den Strand und weit entfernt das Wasser. Die Luft ist nass und salzig, es riecht nach meiner Insel. Ich atme tief ein, spüre meine Sehnsucht nach vergangener Zeit. Ich möchte noch näher zum Wasser laufen und gehe über den hölzernen Pfad zum Strand. Man kann den Pfad bereits nach wenigen Metern nicht mehr erkennen. Ich laufe durch lockeren Sand. Es ist anstrengend durch den Wind und über den herum wirbelnden Sand zu laufen. Muscheln knirschen unter meinen Füßen, ich spüre es, aber das Geräusch wird übertönt vom tosenden Wind. Der Sand wird härter. Noch einige Schritte und der Sand ist feucht. Ich schaue auf glitzernde Priele. Die Lichter vom Inseldorf sind nicht mehr zu sehen. Mein Blickt ist auf die vielen kleinen Lichter gerichtet, die das Mondlicht im Wasser spiegeln. Ich laufe weiter, möchte mich bewegen. Ich möchte zu dir laufen und fürchte gleichzeitig schon die Sätze, die ich dir in Gedanken bereits in den Mund lege. Vielleicht ist diese Insel bedeutungslos für dich, doch mir bedeutet dieser Ort, angefüllt mit Erinnerungen, viel. Ich wünsche mir, dass dies ein wichtiger Ort für dich wird!

© KSG 2024-07-13

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Emotional