von Aamna Mashraj
Er hatte nie daran gedacht, dass sein Leben einmal so enden könnte – kalt, leer, ohne Richtung. Die Welt hatte ihn geformt, ihn mit goldenen Versprechungen gelockt und ihn dann in ihren Schatten stehen lassen. Einst hatte er gebetet, als Junge, mit reinen Augen und einem Herzen, das Allah suchte. Doch die Jahre zogen vorbei, und das Leben zog ihn fort von dem Licht, das ihn einst umgeben hatte.
Alkohol, Lügen, Sünden – Dinge, von denen er wusste, dass sie ihn zerstören würden. Und doch griff er immer wieder danach. Jeder Versuch, sich zu ändern, endete in Enttäuschung. Er fühlte sich unwürdig, verloren. Wie sollte Allah ihm noch vergeben, nach allem, was er getan hatte?
Bis zu jener Nacht.
Es war eine gewöhnliche Nacht, wie viele davor. Er ging ziellos durch die Straßen, innerlich leer, äußerlich gefasst. Der Regen prasselte leise auf den Asphalt, die Stadt war still. Er trat in eine kleine Moschee ein – nicht aus Überzeugung, sondern aus Zufall, oder vielleicht… aus göttlicher Führung.
Drinnen saß nur ein alter Mann, allein, den Kopf gesenkt, tief versunken im Gebet. Die Stille war nicht bedrückend – sie war heilend. Er beobachtete, wie der Mann sprach, wie seine Lippen bebten, wie Tränen langsam seine Wangen hinunterliefen. Worte, die so einfach waren, aber schwerer wogen als Gold: „Ya Rabb, verzeih mir. Ich war weit weg. Doch ich habe niemanden außer Dir.“
Etwas zerbrach in ihm. Plötzlich war da ein Schmerz, den er nicht länger verdrängen konnte. Seine Beine zitterten, sein Herz schlug wild. Er fiel auf die Knie. Tränen flossen, als hätten sie jahrelang darauf gewartet. All die Last, die Schuld, die Angst – sie brachen aus ihm heraus.
Er betete. Nicht mit auswendig gelernten Worten, nicht wie früher, sondern ehrlich, roh, gebrochen: „Ya Allah… ich bin gescheitert. Ich habe Dich vergessen. Aber ich vermisse Dich. Ich brauche Dich.“
Und in dieser Dunkelheit, mitten im Chaos seines Lebens, war da ein Licht. Kein Licht, das die Augen sahen – sondern eins, das das Herz spürte. Frieden. Wärme. Hoffnung. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte er sich… gesehen. Nicht verurteilt, sondern verstanden. Nicht verlassen, sondern erwartet.
In den folgenden Wochen kehrte er zurück. Nicht perfekt, nicht ohne Rückschläge, aber mit einem Herzen, das wieder wusste, wohin es gehört. Er lernte den Qur’an neu, nicht nur mit den Lippen, sondern mit der Seele. Er suchte nicht länger die Welt – er suchte Allah. Und fand in Ihm all das, was ihm die Welt nie geben konnte: Vergebung, Ruhe, Liebe.
Heute ist er ein anderer Mensch. Nicht weil er fehlerfrei ist, sondern weil er weiß, dass Allah größer ist als seine Fehler. Denn wer einmal die Süße der Rückkehr zu Allah gekostet hat, weiß: Die größte Ehre liegt nicht darin, nie zu fallen – sondern im Wiederaufstehen. Und im Wissen, dass Allah einen nie aufgegeben hat.
© Aamna Mashraj 2025-04-04