Der Blutzoll der Russen im Verlauf des 2. Weltkrieges war entsetzlich. Stalin erhielt als Genugtuung die Zusicherung, Berlin zu erobern – die Amerikaner zogen sich an die Elbe zurĂŒck. Ein Sieg, ein âEndsiegâ, ist zwar fĂŒr Sieger wie Besiegte oft eine Erlösung. Doch wĂ€hrend der Sieger als Held in die GeschichtsbĂŒcher eingeht, bleiben fĂŒr Besiegte und Geschlagene DenkmĂ€ler und âGedenkâfriedhöfe.
Mahnmale des 2. Weltkrieges – besonders die sowjetischen – gehören zu Deutschland. Die Bundesrepublik hat durch Selbstverpflichtung deren Pflege ĂŒbernommen.
Wer bis zur Wende Berlin ĂŒber die Autobahn anfuhr, rauschte kurz vor Dreilinden an einem Panzer T 34 vorbei. Im Mai 1945 versuchten 5 bis 8 Panzer nahe der Potsdamer Chaussee nach Norden durchzubrechen. Einer dieser Panzer wurde im Oktober 1945 als Panzerdenkmal ĂŒber einer GrabstĂ€tte fĂŒr dort angeblich gefallene Soldaten errichtet. Dieses sowjetische Denkmal lag im amerikanischen Sektor, war stĂ€ndigen BeschĂ€digungen ausgesetzt war und musste deshalb von US-MilitĂ€rs bewacht werden. Die Sowjets hatten selbst zu wenig Wachpersonal, zumal sie lieber ihr gröĂeres Ehrenmal im Tiergarten, im britischer Sektor, bewachen wollten.
Die Amerikaner umzĂ€unten nun âihrâ Monument zur Absicherung mit einem MetallkĂ€fig. Doch es blieb ein Ărgernis und sie verlangten seine Verlegung in die sowjetische Zone. âWegen der Gefallenen darunterâ stimmten die sowjetischen Behörden zunĂ€chst nicht zu, lenkten im Zuge der Erneuerung des Checkpoint Bravo (Dreilinden) ein und setzten dort einen Panzer vom Typ T-34 auf einen Sockel – ein ursprĂŒnglicher IS-2 war nicht mehr verfĂŒgbar.
1969 musste das Denkmal wegen der neuen AutobahnfĂŒhrung versetzt werden. Die Kanone des T-34 richtete sich nun provozierend auf West-Berlin.
Nach dem Fall der Mauer wurden Panzer und Sockel beschmiert, das Panzerrohr verdreht und zeigte wegen der SchrĂ€glage des Sockels nach unten. Eine KrĂ€nkung fĂŒr das russische MilitĂ€r â âwie das prachtvolle Ding so schlaff rumhingâ. SchlieĂlich nahmen die Sowjets den Panzer bei ihrem Abzug mit. Bedeutungslos verwaiste der Sockel.
An der Autobahnabfahrt Drewitz rostete seit langem eine ausrangierte SchneefrĂ€se. Der AktionskĂŒnstler Haisch sah in dem Technikschrott eine âbizarre Form und ebenso einen Hingucker wie ein Panzer â nur weniger aggressiv.“ Er âklaute“ die FrĂ€se, nannte es âkĂŒnstlerischen Mundraubâ und setzte sie â pinkfarben angestrichen â auf den Panzersockel. Niemand störte das Verschwinden der FrĂ€se, niemand hinderte Haisch, das âDingâ zu installieren. Er hatte sich sogar mit Papieren zum eventuellen Vorzeigen ausgestattet: einem russischen Text mit Pseudostempeln – ĂŒber Bienenzucht.
MĂ€rkische Denkmalpfleger sahen in der pinkenen SchneefrĂ€se eine AnknĂŒpfung an âinternational bedeutende Aktionen Ă€hnlicher Artâ – wie die rosa Bemalung eines sowjetischen Panzers auf dem Prager Wenzelsplatz.
Sie stellten die FrÀse unter Denkmalschutz.
© Heinz-Dieter Brandt 2022-02-25