GefĂĽhle kennen keine Regeln

Mia_Estelle

von Mia_Estelle

Story

Die ersten Wochen meines neuen Lebensabschnittes in der Schweiz vergingen unglaublich schnell. Der Abstand zu Deutschland tat mir richtig gut, auch wenn ich damals nicht hätte sagen können, warum ich so fühlte. Daher konnte ich mir vorstellen, länger zu bleiben, wäre da nicht nach wie vor die temporäre Vertragssituation, die eine längerfristige Planung erschwerte. Zudem befand ich mich noch in einer Beziehung – auf Distanz: ich in der Schweiz und er gerade in den USA. Wir waren rund 1,5 Jahre zusammen, aber ich spürte schon beim Aufbruch in die Schweiz, dass das von meiner Seite keine Partnerschaft fürs Leben ist. Wir waren zu unterschiedlich. Entsprechend beendete ich das beim nächsten Besuch in Deutschland.

Ich habe mich vom ersten Tag an mit meinem Chef recht gut verstanden, hatte aber nicht den leisesten Eindruck, dass da mehr entstehen könnte. Ich ging davon aus, dass er verheiratet ist und Family hat. Was uns einfach besonders verband und für Gesprächsstoff sorgte, war unser Studium der Betriebswirtschaftslehre an derselben Universität in Deutschland – nur einige Jahre versetzt, weswegen meine Praktikumsstelle in der Schweiz überhaupt entstanden ist. Er hatte noch Verbindungen zur Universität und postete dort die Vakanz, auf die ich aufmerksam wurde, mich dafür beworben hatte und sie letzten Endes bekommen habe.

Eines Abends, als wir die letzten im Office waren, fragte er mich, ob ich mit ihm in der Nähe noch eine Kleinigkeit essen gehen wolle. Er wusste um meine nicht besonders zufriedenstellende Wohnsituation. Und da ich noch nicht viel privaten Anschluss hatte, freute ich mich darüber. Ich dachte mir nichts dabei und sagte zu. Wie das dann eben ist, tauscht man sich auch mal über private Dinge aus. Irgendwann erwähnte er, dass er Single sei. «Ok», dachte ich mich nur.

Dann begann er zu flirten. Ich liess mich darauf ein, aber sah das erst eher nur als necken. Es tat dennoch richtig gut. Unsere Blicke trafen sich mehr und mehr. Sie wurden immer tiefer. Er strahlte mich mit seinem sympathischen, verschmitzten Lächeln an. Plötzlich begann mein Herz schneller zu schlagen. Ich wollte mir dennoch nicht eingestehen, dass da womöglich nicht nur auf seiner Seite mehr als platonische Sympathie vorhanden war, sondern auch auf meiner Seite. «Er ist mein Chef. Ich darf mich nicht verlieben.», war mein einziger Gedanke. Aber das Knistern war deutlich zu spüren.

Ich wohnte in der Nähe des Office. Da er denselben Nachhauseweg hatte, waren wir inzwischen vor meinem Zuhause angekommen. Wir unterhielten uns noch etwas, als er plötzlich immer näher auf mich zukam und mir dann einen Kuss auf den Mund gab.

Er schaute mir mit seinen rehbraunen Augen tief in meine blauen Augen und sagte: „Das musste jetzt sein. Was sich liebt, das neckt sich. Ich halte mich schon eine ganze Weile zurĂĽck, aber jetzt geht es nicht mehr. Ich habe mich in Dich verliebt.“ Da war es geschehen. Schweigend lagen wir uns in den Armen und genossen die nächsten Minuten.


© Mia_Estelle 2020-08-20

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