von Sofia-Faust
Während ich so dasaß, angetrunken das vierte Glas Wein trank, wartete ich. Die Stille der Kerzennacht wurde durch ein schrilles Klingeln der Türglocke gestört. Hoffnung, dass er es war, obwohl ich ihn nicht sehen wollte. War es für ein Kommen nicht zu spät? Ich schlurfte den Flur meiner Altbauwohnung entlang, weil ich angetrunken war und pendelte gegen die Bilder. Mit zerzausten Haaren, einem T-Shirt mit großem Ausschnitt, dass eine Schulter freilegte, und nur mit einer Unterhose bekleidet, öffnete ich die Tür. Er war es, lehnte in der Tür, hielt eine Flasche Wein und eine weiße Blume in der Hand, und schaute mich mit seinen wunderbaren Augen an. Ich wusste, er hat ein schlechtes Gewissen. Ich war überhaupt nicht mehr in der Stimmung ihn zu empfangen. Ich drehte mich mit meinem Weinglas in der Hand um ließ ihn stehen, obwohl ich mich so freute. Diese plötzliche Zerrissenheit zwischen Freude und Wut löste Aggressionen aus. Ich wollte keine Entschuldigung hören, die ich nicht verstand. Wie oft hatte ich ihm gesagt, dass er absagen sollte, aber er er tat es nie. Ich hob die Hände, ging zurück in mein Wohnzimmer und sagte ärgerlich im Gehen: „Ich will nichts hören!“ Er betrat die Wohnung, schloss die Tür und versuchte mich an der Schulter festzuhalten. „Lass mich erklären!“ Ich riss mich los und drehte mich von ihm weg. „Nein, ich will nichts hören, ich habe keine Lust mir anzuhören, was es Wichtigeres gegeben haben könnte, weil meine Party, die ich extra für dich verlassen und von der du wusstest, völlig unbedeutend war. Lass mich auf der Stelle los!“ Er setzte sich und schien ein wenig überfordert. „Bist du betrunken?“ fragte er unsicher. Er ahnte es, weil meine Stimme einen kleinen lallenden Unterton hatte. „Ich kann ja verstehen, dass du wütend bist, aber wichtig ist doch, dass ich noch gekommen bin?“ „Wie großzügig von dir, du bist ja ein richtiger Samariter.“ „Das ist jetzt wirklich unfair“, sagte er. „Soll ich dir mal sagen, was unfair ist. Unfair ist, dass ich mein halbes Leben darauf ausrichte, dass wir uns sehen können.“ Er schluckte und wusste, dass ich Recht hatte. „Sag mir, was ich machen soll. Ich merkte, dass nun die Grenze erreicht war. Ich wusste, dass ich nie so überreagiert hätte, wenn ich nicht so viel Alkohol getrunken hätte. „Nein, ich weiß das. Du musst mir nicht immer meinen Fehler unter die Nase halten.“ Ich nippte an meinem Weinglas. Erst jetzt fragte ich, ob er auch ein Glas haben möchte. Ich holte ein Glas aus dem Schrank und schenkte ihm ein. Auch wenn ich nicht mehr in der Stimmung war, zog ich das Wenige, was meinen Körper noch verdeckte aus, verführte ihn, so wie ich es immer tat. Die Streitigkeiten schienen für den Moment verschwunden, aber sie schwebten wie kleine Glühwürmchen in der Dunkelheit umher. Zum ersten Mal spürte ich nichts von der sonst so gelebten Romantik. Als er die Wohnung verließ, war ich eingeschlafen. Er deckte mich behutsam zu und ging. Als ich am anderen Morgen erwachte, sah ich die leere Bettseite.
© Sofia-Faust 2020-10-17