Als unsere Tochter 2008 ihren Lebensmittelpunkt in die Schweiz verlegte, dachte ich sofort an das teure Pflaster dort. Wie konnten wir uns jemals ein Hotel erlauben, sollten wir sie besuchen wollen? Ein Fernsehbeitrag kam mir zu Hilfe. Menschen berichteten von ihren Erfahrungen mit Haustausch. Es sei so viel persönlicher, im Haus anderer in den Alltag der Menschen drum herum einzutauchen als in einem Hotel. Außerdem würde man Geld sparen. Das überzeugte mich. Ich sah mir Haustausch-Plattformen im Internet an und entschied mich am Schluss für eine, die mir gefühlsmäßig seriös erschien. Dieses Bauchgefühl hat mich bis heute nicht betrogen. Es begann mit einem Haustausch in Zürich und im Berner Oberland. Viele andere folgten. Die Erfahrungen waren positiv. Wir arrangierten viele Tausche so, dass wir unsere Tauschpartner vorher kennenlernten. Wenn dies nicht gelang, sorgten Freunde von uns für die Schlüsselübergabe bei uns zu Hause. Zu einigen Tauschpartnern entwickelten sich freundschaftliche Kontakte, die anhalten. So zum Beispiel zu Kerstin und Peter in Bad Rodach, mit denen wir uns im Mai 2023 auf die Spuren von J.S. Bach begaben.
Wie es dazu kam, zeigt uns, wie sich die Kontakte über eine Haustausch-Plattform kreuzen können. Nachdem wir im August 2022 eine Anfrage aus Boston erhalten hatten, schrieb ich Kerstin eine Nachricht. Wir tauschen uns hin und wieder darüber aus, was dort wie hier läuft oder geplant wird. Als ich ihr über unsere Reisepläne berichtete und ihr von der Anfrage aus Boston erzählte, lachte sie und fragte mich, ob es etwa die Marshalls seien. Ja! Es waren der Musikprofessor und seine Frau, die an den Ort zurückkehren wollten, an dem sie sich einst kennengelernt hatten. Nun erfuhr ich von unserer einstigen Tauschpartnerin, dass Robert und Traute Marshall vor vielen Jahren mit ihnen getauscht hatten, um sich auf die Spuren von Johann Sebastian Bach zu begeben. Die Musik von Bach war ein Schwerpunkt des Musikprofessors. Bad Rodach war für ihn und seine Frau ein guter Ausgangsort gewesen, um einige Stationen Bachs aufzusuchen. Die Ergebnisse ihrer Reise durch Deutschland hielten sie in dem Buch Exploring the World of J.S. Bach – A Traveler’s Guide fest. Das Buch hatten wir in doppelter Ausfertigung dabei, als wir uns auf den Weg machten. Kerstin und Peter hatten es sich gleich nach dem Erscheinen besorgt. Wir kamen Jahre später – nach unserem Tausch mit denselben Tauschpartnern – in den Besitz dieses Buches. Die gemeinsame Bekanntschaft brachte uns auf die Idee, einen Teil der Reise von Bad Rodach aus nachzuvollziehen. Natürlich teilten wir dies den Bach-Kennern in Boston mit. Sie baten um einen Bericht unserer Eindrücke. Die Antwort steht noch aus.
© Dagmar Lücke-Neumann 2023-06-21