01_Streichholzschachtel

Koboko Hyun

von Koboko Hyun

Story
Seoul

Dass Onkel Yashi in einem Hundeschlachthof arbeitete, erfuhr ich zufällig an einem sonnigen Spätsommertag. Ich sah ihn, wie er danebenstand, als ein anderer Mann einen Hund mit einer massiven Schere in Stücke schnitt. Doch ich erfuhr es bereits vorher, durch das Lächeln, dass er in seinem Gesicht trug, als er mich bat, im Auto zu bleiben. An diesen Moment erinnerte ich mich wieder zurück, als ich mit Shaniku im Olympischen Garten spazieren ging. Ich hatte sie auf der Hochzeitsfeier eines Bekannten wiedergesehen, es aber nicht über mich gebracht, mich mit ihr zu unterhalten. Sie trug Zöpfe, die ihr wie die zwei Beine eines niedlichen Äffchens über den Rücken baumelten. Um sie herum standen mehrere Männer, die auf die Chance warteten, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Ich traute mich nicht, sie anzusprechen. Von meinem Bekannten, der an dem Tag heiratete, erfuhr ich, dass sie direkt nach der Hochzeit wieder zurück nach Busan gefahren war.

Als mein Telefon klingelte, zeigte die Uhr 19.53. Das wird sie sein, dachte ich, meine Freundin mit den Zöpfen. Während der Hochzeit hatte ich meine Telefonnummer und einen Gruß auf eine Streichholzschachtel geschrieben. Die Streichholzschachtel ließ ich anschließend in ihrer Handtasche verschwinden. Jetzt bereute ich ein wenig, dass ich ihr meine Nummer zugesteckt hatte. Dieser Annäherungsversuch mit der Streichholzschachtel war affig und plump. Was habe ich mir davon erwartet? Habe ich etwa gedacht, sie würde nach Seoul ziehen, wenn sie erfahren würde, dass ich noch immer hier lebte? Wie auch immer, als das Telefon klingelte, war es genau 19.53 Uhr. Das weiß ich noch so genau, weil ich meine Armbanduhr, wenn ich nach Hause komme, immer direkt neben das Telefon auf die Kommode im Flur stelle. Jedes Mal, wenn mein Telefon klingelt, gucke ich zuerst auf die Armbanduhr und nehme erst dann den Hörer ab. „Hallo“, sagte eine helle Stimme und verschwand wieder in der Leere zwischen den Hörern. „Mister Pong?“

„Hallo“, gab ich zurück.

„Du hast mir deine Nummer hinterlassen.“

„Ja“, sagte ich. „Du hast recht. Auf Genkibayashis Hochzeit.“

„Was war los?“

„Ich wollte mit dir sprechen, aber ich habe mich nicht getraut.“

„Du hast dich nicht getraut?“

„Um dich herum standen so viele Männer, dass ich befürchtete, ich müsste mich erst anstellen, um mit dir zu reden. Da habe ich meine Nummer auf eine Streichholzschachtel geschrieben und sie dir in die Handtasche gesteckt.“

„Du hast noch etwas anderes geschrieben.“

„Ja“, sagte ich, „ich habe noch ein Smiley Gesicht gemalt.“

„Nicht das. Noch etwas.“

„Ja, habe ich das?“

© Koboko Hyun 2023-08-24

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Mysteriös, Reflektierend, Angespannt