1: Die Hiobsbotschaft

Doris Friedrich

von Doris Friedrich

Story

“Es ist erledigt!!!!” schrieb mir meine Mutter in einer E-Mail. Nervös und mit einem flauen Gefühl im Magen öffnete ich den Anhang. Die Ernüchterung brannte wie eine Ohrfeige. Zwar hatte uns “die liebe Gerti” schon angekündigt, dass unser Antrag auf Überprüfung ihrer Vollmacht für die Omi angeblich abgelehnt würde. Aber unser Vertrauen in dieses Anhängsel der Familie war mittlerweile nun schon seit Februar erschüttert, als sie, die Freundin meines Onkels, die wir seit eineinhalb Jahren liebgewonnen hatten, eines Nachmittags plötzlich mit einer schockierenden Botschaft anrief: “Die Omi hat eine Vorsorgevollmacht für mich unterschrieben. Sie will auch ihre Sparbücher und die Dokumente haben. Morgen Früh sind wir bei der Bank. Bis dahin brauchen wir alles.”

Das alles kam sehr plötzlich und ohne Vorwarnung. Ja, meine Großmutter war schon seit zwei Wochen, seit ihrem Umzug ins Pflegeheim, immer wieder auf die Sparbücher zu sprechen gekommen. Mein Vater hatte deshalb schon einen Besuchstermin zwei Wochen später ausgemacht – aufgrund von Corona war nur ein Besuch einer Person einmal pro Woche möglich, und Gerti beanspruchte viele dieser Termine –, um ihr die besagten Sparbücher zu bringen und die Finanzen mit ihr durchzugehen.

Auch waren meine Eltern gerade dabei, den Antrag für eine Erwachsenenvertretung zu stellen, da sich meine Oma weigerte, im Heim zu bleiben. In ihrem Haus, das nur über viele Stufen zu erreichen war, konnte sie aber nach ihrem Unfall – Oberschenkelhalsbruch, in dem Alter leider oft der Hauptgrund für Pflegebedürftigkeit – nicht mehr alleine wohnen. Bereits der Gang zum WC und die mehrmals tägliche Einnahme der Tabletten bereiteten ihr Schwierigkeiten. Von anderen alltäglichen Handlungen ganz zu schweigen. Doch es war alles andere als leicht, die nötigen Dokumente und Personen zur gleichen Zeit zu meiner Omi zu bringen. Die Besuchsregelungen und die Weigerung des Heims, für diese Ausnahmesituation eine Ausnahme zu machen, erschwerten uns die Situation zusätzlich.

Die Herausforderungen, alle dafür notwendigen ExpertInnen (Notar, Arzt etc.) gemeinsam mit der Omi an einen Tisch zu bringen, umschiffte die liebe Gerti gekonnt und hatte innerhalb weniger Tage ein Team bei der Omi und ihre Vollmacht bereits ins entsprechende Register eingetragen. Alles unter strengster Geheimhaltung, ohne ein Wort an uns, weil die “Omi das nicht wollte. Sie hat Angst vor euch!”

© Doris Friedrich 2021-08-15

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