von Lea Bürkle
Wie jede Nacht, seit dem Tod meiner Mutter vor zwei Jahren verbrachte ich die gesamte Dunkelheit, tief im Wald. Um von der Einsamkeit zu entkommen. Das Gefühl in der Nacht ist etwas Besonderes, du siehst niemanden, aber du weißt, du bist nicht alleine. Die ganzen Lebewesen um mich herum zeigen mir, dass ich in meiner Einsamkeit doch nicht ganz alleine war. Ich lebe nur für die Nacht. Zwar gab es am Tag auch Tiere, doch ist es für mich nicht dasselbe. Denn im Licht wird mir das nicht bewusst, ich habe meine Augen offen und bemerke das meiste um mich herum nicht. Besonders Nachts ist das Alleinsein am schlimmsten, da man sich in der Zeit nicht richtig ablenken kann.
Ganz ruhig lauschte ich den Geräuschen der Uhus um mich herum, es klang, als würden sie sich verständigen, etwas, was ich auch gerne tun würde. Mit jemanden, der so war wie ich, ein Mensch, kein Tier und keine Pflanze. Aber ich möchte mich niemals beschweren, schließlich war ich satt. Ich bin nur ein kleiner Fleck auf der großen Erde, dem es besser geht als so vielen anderen Menschen auf diesem Planeten.
Unbedeutend und alleine, diese Beschreibung traf auf mich zu. Es ist aber in Ordnung, ich habe mich daran gewöhnt, es war schwer, aber ich tue es für meine tote Mutter. Sie gab mir eine Weisheit mit auf den Weg: ´ Die Hoffnung lebt tief in unserem Inneren, sie hält uns gerade und gibt uns ein Lächeln ins Gesicht, auch wenn die Situation es einem nicht leicht macht. Sie wandelt mit uns durch alle Zeiten, denn die Hoffnung stirbt erst nach uns. ´
Meine Hoffnung und mein innerster Traum, war ein anderes, aufgewecktes Leben, das ich mit Gesellschaft führen würde. Sogar wenn die Leute um mich herum mich hassen würden, wäre es mir recht. Alles war besser als nur sich selbst zu haben.
Diesen Gedanken lasse ich nur selten zu, ich möchte den Traumgedanken von einem anderen Leben mir nicht komplett zerstören lassen. Es ist in Ordnung alle Möglichkeiten durchzuspielen, egal ob gut oder schlecht. Hauptsache dieses Nachdenken macht die Hoffnung nicht kleiner. Unsere Gedanken zerfressen einen nur, selbst wenn sie so wundervoll sind, wie es nur geht. Denn der nächste Gedanke handelt dann davon, dass du dies eben nicht hast und das ist weit schlimmer als das normale weiterleben.
Ich bin schließlich schon eine lange Zeit alleine und es ist normal für mich. Ein volles Jahr nach dem Begräbnis meiner geliebten Mutter habe ich die Stille gebraucht, ich wollte nichts anderes sehen oder hören, als sie.
Aber mit jedem weiteren Tag bin ich immer mehr bereit auf Neues. Mein nächster Gedanke ist so wie bei den Frauen in meinen Romanen, die ich schreibe, sie warten auf Neues und suchen es nicht. Ich glaube daran, dass alles was kommen soll, mich finden wird. Das hat meine Mutter mir immer gesagt.
Die Nacht schwindet langsam und ich spüre schon die ersten leichten Sonnenstrahlen, die mein Gesicht erhellen. Mit der Helligkeit kamen auch die ersten Vögel und ihr fröhliches zwitschern. Ich lebe in einem wunderschönen Ort, mitten in der Natur die mir so viel bedeutet. Sie ist neben meiner Mutter das einzig andere, was ich liebe. Die Natur ist immer da und sie ist die einzige Sache, von der ich mir sicher bin, dass sie mich niemals verlassen wird.
© Lea Bürkle 2023-07-10