von Irene Werren
Mit 21 Jahren war ich mit der Welt fertig-jedenfalls mit meiner Welt. Die Beziehung mit Giuseppe, meiner allerersten Liebe, war gescheitert trotz einiger Versuche, die Flamme der Liebe wieder zu entfachen.
Der Traum von einer gemeinsamen Asienreise mit meiner Freundin Susi platzte ebenfalls kurz darauf, weil sie die einmalige Chance bekam, bei der Swissair als Flight attendant zu arbeiten und in der Weltgeschichte herumzufliegen.
So blieb nur noch ich übrig- auf mich selbst gestellt – und einiges an erspartem Geld auf meinem Bankkonto. Ich war plötzlich wieder allein und frei-irgendwie von allem losgelöst. Ein ungewohntes, wunderschönes Gefühl. Ich überlegte hin und her, was ich nun unternehmen könnte. Einerseits packte mich die Abenteuer- und Wanderlust, andererseits traute ich mir eine größere Reise nicht zu. Ich wollte eine Sprache erlernen. Aber warum im winterlichen Spanien, wenn in Mexiko die Sonne schien? Mexico lindo. Ich hörte den zarten Ruf…und begann mich für diese Idee zu erwärmen. Einmal etwas Verrücktes tun!
Etwas, was noch niemand in meiner Familie oder im Freundeskreis gewagt hatte! Und dazu noch ganz alleine. Ich besorgte mir Reiseführer, staunte über die vielfältigen Landschaften und Kulturen, erkundigte mich nach Sprachschulen. Ich entschied mich schließlich nach reiflicher Überlegung zum Besuch eine Sprachschule in Cuernavaca für fünf Wochen mit Privatunterkunft bei einer mexikanischen Familie. Des Weiteren meldete ich mich für eine dreiwöchige Rundreise durch den Süden Mexikos an- im Van mit Zelt.
Um diese Reise zu buchen, suchte ich ein Reisebüro auf. Vor 31 Jahren war dies der übliche Weg und nicht die Ausnahme. Gemeinsam mit meiner Reiseberatung buchte ich ein Flugticket von Zürich via Amsterdam über Houston nach Mexiko City. Dafür bezahlte ich damals, anno 1991, stolze 2500 Schweizer Franken. Hin und zurück. Heute ist das kaum vorstellbar.
Aber mir war es ernst mit dem Vorhaben, es musste mir auch ernst sein bei diesen Preisen. Mein gesamtes Erspartes wechselte ich in Reisechecks und trug diese in meinem Bauchgurt immer auf mich. Kreditkarten waren nur sehr selten in Gebrauch. Ich kannte niemanden, der eine gehabt hätte.
Der Abschied fiel mir trotz der Vorfreude auf die unbekannte große, weite Welt nicht leicht. Ich sagte meiner Familie schweren Herzens und tränenreich Tschüss. Drei Monate wollte ich unterwegs sein. Die nächsten Geschichten werden von Mexiko handeln…wie es dazu kam, dass ich in einem Bordell übernachtete… was Vivaldi und ein Käsefondue gemeinsam haben… und wie ich mich ohne Pass im weihnächtlichen Flughafenverkehr hindurchschlängelte. Oder wie ich mit einer bunt zusammengewürfelten Gruppe Mexiko bereiste, ohne einen Schaden fürs Leben zu nehmen. Nicht wegen Mexiko selber, sondern wegen der Gruppe.
Ich freue mich, mich mit euch in das gemeinsame Abenteuer zu stürzen, Erlebnisse zu teilen und in Erinnerungen zu schwelgen.
© Irene Werren 2022-10-29